Machen wir uns nichts vor: Wir alle schieben Dinge hin und wieder vor uns her, statt sie anzugehen. Oder mit anderen Worten: wir prokrastinieren. Vielleicht hast du schon eine Menge Taktiken ausprobiert, um dich dazu motivieren, eine bestimmte Aufgabe endlich zu erledigen, aber der Berg wird trotzdem immer größer und größer?

Dann wird es dich sicher freuen zu hören: Du bist normal. Mit dir stimmt alles. In einer Welt, in der man sich für Pausen und Faulenzerei beinahe schämen muss, dürfen wir erst einmal wieder lernen, dass mit uns alles in Ordnung ist und unsere Produktivität auch Grenzen hat.

In diesem Artikel erfährst du:

💡 Warum Prokrastinieren nichts mit Faulheit zu tun hat
🧠 Welche psychologischen Ursachen Prokrastination hat
🚀 Welche 3 Methoden deine Arbeitsweise grundlegend verändern und Prokrastination vorbeugen

Die wahren Ursachen für Prokrastination – und wie du sie auflöst

Die meisten Menschen glauben, dass Aufschieberitis bloß Faulheit ist: „Da hat halt jemand einfach gerade keine Lust zu arbeiten.“ Doch stimmt das wirklich?

An der Universität Halle Wittenberg hat man unlängst in einer Studie herausgefunden: Aufschieben hat selten etwas mit Faulheit zu tun¹. Wenn das so ist, warum schieben wir dann überhaupt Dinge auf? Und das, obwohl wir ganz genau wissen, dass unser Stress und die Erschöpfung dadurch noch verstärkt werden?

Problematisch ist vor allem, dass die Schuld für Prokrastination fast immer der Person zugeschoben wird. Gibt die betroffene Person sich selbst die Schuld für ihr Verhalten, versucht sie, durch Tricks und Hacks irgendwie doch noch mehr Leistung aus sich herauszuholen. Das führt aber nicht zur Lösung des ursächlichen Problems, sondern zu noch mehr Frustration und dem Gefühl des Steckenbleibens.

Diese psychologischen Hintergründe solltest du kennen:

Dabei haben die Untersuchungen an der Uni gezeigt, dass wir häufig gar nichts dafür können: Studierende prokrastinierten eher dann, wenn die Aufgaben zu komplex oder unklar formuliert waren. Dies erzeugte bei ihnen eine zu hohe kognitive Last und sie konnten sich schlechter konzentrieren.

💡 Was bedeutet kognitive Last?

Kognitive Belastung beschreibt die Summe unserer mentalen Ressourcen, die wir aufwenden müssen, um eine Aufgabe zu bewältigen. Sie beeinflusst unsere Leistung und kann zu Stress und Erschöpfung führen. Studien zeigen, dass Menschen, wenn sie kognitiver Belastung ausgesetzt sind, nicht mehr so kreativ sind und Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren. 

3 Einsichten über Prokrastination, die meine Arbeitsweise verändert haben

Nummer 1: Prokrastinieren ist nicht das Problem. Sondern wie wir darüber denken! 

Wie heißt es so schön: Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen. Denn klar, anfangen ist der mit Abstand schwerste Teil. Für mich als Introvertierte bedeutet Anfangen vor allem, aus meinem Grübelkopf zu kommen und nicht schon vorm eigentlichen Beginn alles zu zerdenken. Und häufig verbringe ich viel Zeit damit, meinem nervigen Perfektionismus und den bohrenden Selbstzweifeln Paroli zu bieten.

Die für mich wichtigste und befreiendste Erkenntnis war die Normalisierung von Prokrastination: Ich bin nicht faul, ich bin nicht schwach. Es gibt einfach Dinge, die schwer sind. Fertig.

Sich gegen das Prokrastinieren zu wehren, verstärkt das Aufschieben eigentlich nur, weil wir gegen uns selbst kämpfen.

Nummer 2: Es darf auch leicht sein.

Wir wir eben festgestellt haben, ist das Anfangen am schwersten und die häufigste Ursache für Prokrastination. Wenn wir einmal angefangen haben, ist es in der Regel kein großes Problem mehr, weiterzuarbeiten. Also sollten wir anfangen, unsere Aufgaben zu verkleinern und zu vereinfachen. 

Probier es doch zum Beispiel mal mit der 5-Minuten-Regel! Sie besagt: Wenn du eine neue Aufgabe beginnst, sollte sie weniger als 5 Minuten in Anspruch nehmen. 

Was ist die Idee dahinter? Der Einstieg soll so einfach wie möglich sein. Sie beruht auf dem Wissen und dem Vertrauen, dass wir während dieser Zeit Momentum entwickeln und uns dieser Schwung nach dem Anfang weiter tragen wird. Ganz nach dem Motto: „Ach, wenn ich schonmal dabei bin, kann ich ja auch weitermachen.“ 

Die 5-Minuten-Regel überwindet Prokrastination, indem sie es uns so einfach macht, dass wir uns nicht mehr wehren. Mal kurz für 5 Minuten die Steuerunterlagen ansehen, um einen groben Überblick zu bekommen? – Machbar! 

Eine weitere Möglichkeit, sich Aufgaben zu erleichtern, besteht darin, sie in kleinere Schritte zu unterteilen. Nehmen wir wieder mein Beispiel: Wenn ich eine neue Podcastfolge plane, könnte ich mir zum Ziel setzen, sie gleich in einem Rutsch zu skripten. Diese Arbeit kann je nach Thema locker einen Tag in Anspruch nehmen. Stattdessen könnte ich mir auch einfach vornehmen, erstmal nur das Ziel festzulegen: Wie sollen sich unsere Hörer:innen nach der Folge fühlen? Das ist der erste Schritt. Alle weiteren Schritte wie recherchieren und eine Gliederung inklusive Intro, Mittelteil und Outro zu erstellen, folgen erst später.

Kleine Fortschritte tragen dazu bei, dass wir unseren Schwung auch langfristig beibehalten können. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir große Aufgaben auch zu Ende bringen.

Nummer 3: Ziehen, nicht Schieben.

Vieles funktioniert besser, wenn wir uns davon gezogen fühlen statt uns in eine bestimmte Richtung zu schieben. Keine Spur von Kampf und Alles-auf-den-letzten-Drücker-Drama.

Es kann kraftvoll, nahezu magisch sein, eine Aufgabe komplett beiseite zu legen und etwas ganz anderes zu tun, bis man sich tatsächlich von der Aufgabe angezogen fühlt, weil die entscheidende Eingebung von allein kommt. Zugegeben, diese Taktik benötigt ein wenig Vertrauen und funktioniert logischerweise nicht für jede Art von Tätigkeit. Wenn du wie ich gern die Kontrolle hast, brauchst du vielleicht einige Anläufe, bis dich diese Strategie überzeugt. Aber ich verspreche dir: Einen Versuch ist es wert!

Neulich zum Beispiel saß ich vor dem sprichwörtlichen leeren Blatt, nämlich dem Entwurf für unsere nächste Still & Stark Podcastfolge. Das Thema stand fest, der Inhalt war im Großen und Ganzen klar, aber ich hatte absolut keine Idee, wie ich aus diesen paar Gedankenfetzen eine interessante Geschichte erzählen soll, die unsere Zuhörer:innen abholt und ihnen für ihren Alltag nachhaltige Strategien vermittelt, die in Erinnerung bleiben. Ich weiß aus Erfahrung, dass ich mit der Qualität meiner Arbeit nicht im Reinen bin, wenn ich versuche, mich zu Ergebnissen zu zwingen. Irgendwas fehlt dann einfach, ein gewisser Funke. Und ich bilde mir ein, dass auch andere das bemerken.

In solchen Momenten entscheide ich mich bewusst für Abstand und tue etwas, das mein Gehirn auf andere Weise beansprucht. Es ist keine Pause im Sinne von „ich mach mir mal ein Müsli“, es ist mehr als das. Der Abstand kann sich über Stunden, oft über Tage hinziehen. Aber immer kommt der Moment, in dem mir plötzlich die Idee kommt. In den eigenartigsten Momenten.

Das Geniale ist nämlich: Der Kopf arbeitet im Hintergrund trotzdem weiter, ohne dass wir es bemerken. Letztes Mal hatte ich meinen Heureka-Moment in 14 Meter Höhe an der Kletterwand. Wozu sich also quälen, wenn es plötzlich auch ohne Druck ganz leicht wird?

Selbstausbeutung führt nicht zu Produktivität!

Früher hat mein Selbstwertgefühl darunter gelitten, wenn ich Dinge vor mir hergeschoben habe. Ich habe mich zu stark mit anderen verglichen und gedacht: „Warum schaffen die so viel mehr als ich?“ Ich fiel in ein Loch und schämte mich für mein vermeintliche Faulheit. Diese Schuldgefühle lähmten mich so sehr, dass ich erst recht keine Energie fand, meine Aufgaben anzugehen. Meine Energie ging für Gedankenschleifen drauf statt für die Dinge, die gerade wirklich wichtig waren.

Ich musste erst einmal lernen, meinen Fokus wieder sanft zu mir zurückzulenken und auf meinen eigenen Körper zu hören. Unser Körper ist ein einzigartiges Wunderwerk. Er funktioniert quasi von ganz allein und hat unheimlich komplexe Abläufe und Mechanismen, um uns mitzuteilen, was er gerade benötigt. Sobald wir aufhören, ihn auszubeuten, werden wir merken, dass er unser bester Freund ist!

Das meiste haben wir gewöhnlich in der Zeit getan, in der wir glaubten, zu wenig zu tun. – Marie von Ebner-Eschenbach

Das meiste haben wir gewöhnlich in der Zeit getan, in der wir glaubten, zu wenig zu tun.

Marie von Ebner-Eschenbach

Mach dich nicht fertig, mach eine Pause!

Stress beeinträchtigt unsere Fähigkeit, planvoll vorzugehen. Dadurch machen wir Fehler, die für noch mehr Stress sorgen. Keine Pausen zu machen und zu hoffen, dass unsere Produktivität dadurch zunimmt, ist also ein fataler Trugschluss! Wenn wir uns alles Schöne verbieten, bis die große Aufgabe erledigt, riskieren wir unsere mentale Gesundheit. Deshalb ist es so wichtig, einen Schritt zurückzutreten und aus dem Hamsterrad auszusteigen. Nur so erhältst du die Fähigkeit zurück, deine eigene Situation mit Ruhe und Klarheit zu bewerten und eine kluge Entscheidungen zu treffen.

Du bist kein Roboter und nur weil unsere Leistungsgesellschaft 100% Produktivität für machbar hält, wird diese Meinung nicht richtiger! Vielleicht kennst du diesen vielzitierten Spruch:

„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Dieser Satz baut auf der Annahme auf, dass wir uns Schönes verdienen müssen. Viele Menschen arbeiten deshalb mit Belohnungen, um sich zu motivieren: „Wenn ich diese Aufgabe bis nächste Woche fertig bekomme, gönne ich mir endlich mal wieder meine Lieblingspizza!“

Natürlich spricht nichts dagegen, dass wir unsere Erfolge feiern. Das sollten wir unbedingt tun, egal wie klein oder groß sie sind. Aber sich die guten Dinge des Lebens durch Leistung verdienen – das ist gefährlich! Denn dieser Glaubenssatz kann zu Stress und mentaler Überlastung führen. Versuch es doch zur Abwechslung mal mit dem Gegenteil:

„Erst das Vergnügen, dann die Arbeit.“

Wir fühlen uns erfüllter, glücklicher und motivierter, wenn wir gut für uns gesorgt haben. Entspannung – auch, wenn es nur 5 Minuten sind – ist wichtig für unser Gehirn und senkt das Stresslevel. Hier findest du über 30 schöne Anregungen, wie du schnell neue Energie tankst.

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Quelle:

1: Johannes Hoppe, Philipp Prokop & Renate Rau (2018) Empower, not impose!-Preventing academic procrastination, Journal of Prevention & Intervention in the Community, 46:2, 184-198, doi: 10.1080/10852352.2016.1198172

Was bedeutet Prokrastination?

Zu prokrastinieren bedeutet, dass wir Dinge vor uns herschieben, statt sie anzugehen. Meistens wissen wir sogar genau, dass der Stress dadurch nur zunimmt – und trotzdem können wir uns nicht zum Anfangen motivieren.

Warum prokrastinieren wir?

Ist die vorliegende Aufgabe eine Nummer zu groß für uns, kann das zum Prokrastinieren führen. Nicht zu unterschätzen sind außerdem Sorgen und Versagensängste: „Habe ich das Gefühl, nicht gut genug zu sein? Habe ich Angst vor Kritik? Vergleiche ich meine Leistung mit der von anderen?“

Was hilft gegen Prokrastination?

  1. Große Aufgaben in kleinere Schritte gliedern.

    Je komplexer die Aufgabe, desto mehr leidet die eigene Motivation. Hier wäre ein Ansatz, erst einmal zu schauen, wie man eine Aufgabe in so kleine Teilschritte zerlegen kann, damit sie einen nicht mehr überwältigt. Mindmaps sind ein hervorragendes Tool, um komplexe Aufgaben zu strukturieren.

  2. Erwartungen definieren.

    Frag dich in deiner aktuellen Lage: „Was hält mich wirklich ab? Habe ich übertriebene Ansprüche? Vergleiche ich meine Leistung mit der von anderen?“ Oft sind wir Opfer unseres eigenen Leistungsdenkens. Stattdessen sollten wir vor Beginn realistische Ziele definieren.

  3. Kurze Pausen machen.

    Wer zu wenig Pausen macht, fängt nach einiger Zeit vollkommen automatisch an, zu prokrastinieren. Selbstausbeutung macht nicht produktiver! Hast du zum Beispiel gewusst, dass unser Gehirn nach etwa 70 bis 80 Minuten fokussierter Arbeit von ganz allein in den Erholungsmodus umschaltet?

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