Anno 2016. Mein Mann und ich werden von einer Krise nach der anderen durchgeschüttelt und lernten das Wort Stress erst richtig kennen. Jede Menge Krankenhäuser, Arztbesuche, Anträge, schlaflose Nächte, Verdienstausfälle und andere Rückschläge. Aus persönlichen Gründen will ich nicht weiter ins Detail gehen, aber so viel sei gesagt: Wir haben uns das ganze Jahr über gefühlt wie im falschen Film. Alles ging viel zu schnell, viel zu wild und viel zu unübersichtlich. Wir wurden einfach in einen völlig neuen Schauplatz hinein geschleudert und hatten keine Ahnung, was da gerade um uns herum passiert.
Und auch heute noch fühle ich mich von dem Jahr 2016 noch immer gebeutelt. Die Ziele, die ich damals erreichen wollte, kann ich jetzt erst langsam aus der Versenkung holen und was außerdem geblieben ist, ist der Schrecken. Jeden Tag frage ich mich, was wohl als Nächstes passiert.
In dieser äußerst schweren Phase fing ich an, gnadenlos Dinge über Bord zu werfen, die ich früher als wichtig empfunden habe und entwickelte plötzlich ganz neue Denkmuster. Hast du das auch schon selbst erlebt?
Im Folgenden teile ich mit dir vier wichtige Einsichten, die mir damals geholfen haben, nicht durchzudrehen und halbwegs bei mir selbst zu bleiben. Sie helfen mir auch heute noch in jeder stressigen Lebensphase. So schwer es auch ist: Solche Phasen gehören zum Leben einfach dazu.
Stress reduzieren – mit neuen Denkmustern
1. Ich höre auf, gegen das Leben zu kämpfen.
Man sagt so leicht, man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen. Dann wiederum soll man für alles kämpfen und nichts als gegeben hinnehmen. Während wir uns um die Pflege Angehöriger gekümmert haben, stellte sich heraus, dass ich erst einmal lernen musste, in welchen Situationen sich ein Kampf lohnt und in welchen nicht.
Ich war furchtbar müde. Aber: Das lag zu einem großen Teil auch an mir selbst. Ich konnte nicht ändern, was passiert war. Krankheit und Alter erwischen jeden. Ich war wütend auf das Leben und die böse, böse Welt, aber das machte überhaupt nichts besser. Im Gegenteil, es hat mich noch zusätzlich ausgepumpt und den letzten Funken Energie geraubt, den ich dringend gebraucht hätte, um für die Familie dazusein.
„Ein gelassenes Herz ist des Leibes Leben.” Steht sogar in der Bibel. An der Richtigkeit dieser Aussage kann man nicht rütteln. Ich wusste lange Zeit nicht, was es heißt im Hier und Jetzt zu leben. Ich krallte mich an Situationen fest und ärgerte mich elend lange darüber, dass ich sie nicht ändern kann. Die Folge davon waren Kopfschmerzen, emotionale Unruhe und Dauererschöpfung.
Also sage ich dir und mir: Nimm jeden Tag, wie er kommt. Du kennst die Zukunft nicht und wenn Dinge nicht in deiner Macht liegen, dann akzeptier sie. Du machst dir selbst und anderen das Leben SO VIEL leichter! Das ist keine leichte Aufgabe, aber du kannst da hinkommen.
2. Ich bin jeden Tag für etwas Bestimmtes dankbar.
Oh, ich seh sie schon vor mir: Die immer gleichen Instagram-Feeds mit ihren Handlettering Weisheiten á la „be thankful“ bla bla bla… Aber Spaß beiseite: Dankbarkeit erhält dich am Leben. Wenn du keinen inneren Frieden hast, nützt dir weder dein Geld, deine Freiheit, noch sonst irgend etwas. Du kannst alles besitzen und trotzdem todunglücklich und unzufrieden sein. Wie leer man wirklich ist, merkt man dann erst, wenn es hart auf hart kommt. Also arbeite an deiner Einstellung! Oft muss ich mich übrigens dazu zwingen, an etwas Positives zu denken. Ich bin nämlich von Natur aus eher ein Miesepeter, bei dem das Glas zwar halbvoll ist – aber halbvoll mit Gift.
Ich bin für viele unterschiedliche Dinge sehr dankbar: für meine gute Gesundheit – wäre ich dauernd krank, wäre ich für meine Familie gerade ziemlich nutzlos. Für die Möglichkeit, mir durch meine Arbeit Freiräume zu schaffen. Dafür, dass ich meistens ausschlafen kann, für meinen Partner, meine Familie und und und… Manchmal reicht auch schon ein Sonnenstrahl, eine vorbeifliegende Hummel oder ein nettes Kompliment von meinem Mann. Es sind die kleinen Dinge im Leben.
Du hast definitiv genauso viele Dinge, für die du dankbar sein kannst. :)
3. Ich vermeide unnötige Geldsorgen.
Oh ja, jetzt wird es für manche unangenehm. Fakt ist: Timon und ich konnten 2016 nur sehr wenig arbeiten. Unsere Alltagsroutine war komplett dahin und wir haben es mit Ach und Krach geschafft, unsere laufenden Aufträge zu Ende zu bringen. Ende 2016 habe ich mit meinem Buchmanuskript (hier kannst du ein kleines Making-of lesen) begonnen, das war teils auch ein echter Kraftakt und erforderte akribische Planung bis ins letzte Detail.
Normalerweise hätte mich das in Panik versetzen müssen – tat es interessanterweise aber nicht. Wir kannten unsere Finanzen, kauften nie auf Pump und hatten Rücklagen. Geld ist eigentlich nichts weiter als eine Ressource, kann uns das Leben aber dennoch zur Hölle machen und mit uns spielen wie eine Marionette. Wenn du keinerlei Überblick über deine Einnahmen und Ausgaben hast, machst du dir wirklich selbst das Leben schwer.
Sammle deine Rechnungen, leg sie sauber ab und check einmal die Woche dein Konto (öfter muss nicht sein). Kauf nicht impulsiv ein. Du kannst dir jederzeit gönnen was du willst, aber du solltest immer wissen, wie du gerade finanziell dastehst und dir Rücklagen bilden. Dann wirst du dich auch in Zeiten sicher fühlen können, in denen deine Finanzen knapper sind als sonst. Ich mache es z. B. so, dass ich keine Überziehungskredite zulasse. Auch bei 0%-Finanzierungen mache ich nicht mit. Ich gebe nur das aus, was ich wirklich habe. So zu leben, spart mir wirklich extrem viel Nerven.
Stabilität und Geborgenheit geben einem die eigene Einstellung und die Menschen um einen herum – nicht Dinge.
Das sind für mich die wichtigsten Learnings. Wer diese vier Punkte beachtet, wird deutlich besser mit Stress fertig als andere. Wenn alles gut läuft, denkt man nicht so sehr darüber nach. Aber wenn sich alles ändert und man kaum noch Energie hat, merkt man zunehmend, wie wenig man vorher getan hat, um den Überblick über das eigene Leben zu haben.
Gehörst du vielleicht zu den Menschen, deren Stress gar nicht von außen kommt, sondern von innen? Dann ist dieser Artikel vielleicht sehr aufschlussreich für dich: Meine größte Stressquelle bin ich selbst. Ich spreche darüber, wie es ist hochsensibel zu sein und den ganzen Tag Hummeln im Hintern zu haben. Den Kopf abschalten, wie geht das?
4. Ich glaube: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
So sagt man. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die schief gehen (für solche Tage findest du hier Tipps). Manchmal ist man aber auch so gebeutelt – sei es durch innere oder äußere Belastungen – dass man an gar nichts Gutes mehr denken kann. Und überhaupt, warum sich eigentlich noch freuen, wir werden doch eh am Ende alle sterben… ;)
Ich hatte schon immer eine gute Portion Galgenhumor. Und auch, wenn viele in meinem Umfeld das nie verstanden haben („sowas sagt man doch nicht!“): In schweren Zeiten hilft er mir. Es kann befremdlich für andere sein, zu hören wie jemand in einer vermeintlich traurigen und ausweglosen Lage makabre Witze machen kann. Aber es ist unfassbar hilfreich, um die Anspannung und Hilflosigkeit irgendwie zu bewältigen. Wenn eine Situation schier unbegreiflich für den menschlichen Verstand ist, ist Humor – wenn auch sehr verzweifelter Natur – eine Hilfe.
Trotz allem Schmerz und Ärger den Humor zu bewahren, lässt dich stärker aus der Zerreißprobe hervorgehen. Wenn die Fähigkeit zu lachen verloren geht, wird’s gefährlich.
Extra-Tipp: Stress reduzieren mit dem 6-Minuten-Tagebuch
Kennst du das 6-Minuten Journal? Es stützt sich auf die neusten Erkenntnisse der positiven Psychologie und hilft dir täglich dabei, im Hier und Jetzt zu leben und achtsamer zu sein. Ich nutze es schon seit Jahren und wil les nicht mehr missen! In diesen drei Farben ist es erhältlich: Aquarellblauer Leineneinband mit Heißfolienprägung in Roségold*, Orchidee/Gold* und Pfefferbraun/Silber*.
Deine Meinung interessiert mich: stresst dich ganz besonders im Alltag? Und wie reduzierst du deinen Stress?
© Headerfoto: Timon Royer
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Schlagwörter: Achtsamkeit / Alltag / Angst / Arbeit / Balance / Gefühle / Mindset / Persönlichkeit / Psychologie / Selbstbewusstsein / Selbstsabotage / Stress / Techniken / Zufriedenheit
Hallo Melina. Du schreibst vielen aus der Seele. Mein Vater ist an Krebs gestorben und die letzte Zeit war grausam. Neben seinem Leiden war es für mich die extremste Belastung, dass jeden Tag etwas anderes passierte, keine Planung passte und eigentlich nur ständig reagiert werden musste. Das frisst dich auf.
Es ist wichtig, hier noch so etwas wie Abstand zu gewinnen und manchmal auch die kleinen Schönheiten im Leben zu beachten. Und Humor hilft, auch wenn es nur Galgenhumor ist.
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft – und etwas Egoismus. Manchmal muss an raus aus dieser Situation und etwas für sich tun- sonst verliert man die Kraft.
Du könntest über diese Lebensphase ein Buch schreiben. Viele Mensche sind in derselben Situation und oft komplett überfordert.
Danke Christina, das ist nett von dir! :) Mir tut es sehr leid, dass du deinen Vater verloren hast! Ich kann mir vorstellen, wie schwer die letzten Monate für dich und deine Familie gewesen sein müssen. Dass jeden Tag etwas anderes passiert und man nie planen kann, finde ich auch mit am schmlimsten. Und dass man auch nie genug tun kann: Egal, was man tut und wieviel Zeit man investiert – man hat immer das Gefühl, dass nichts davon reicht und die Situation lindert.
Liebe Melina, ich stimme dir SO zu!
Ich habe auch schon einige schwierige Zeiten durchgemacht, finanziell schwierig aber auch familiär/emotional!
Es ist so wichtig, trotzdem Spaß am Leben zu haben und vor allem: Dinge zu akzeptieren die man nicht ändern kann! Es bringt mir nichts daran zu verzweifeln, die Welt und die Menschen darin zu hassen – das lässt einen nur verbittert werden!
Liebe Grüße
Jenny
Hi Jenny, dankeschön für deinen Kommentar! Ich stimme dir absolut zu. Ich glaube, der Spaß ist, was als erstes auf der Strecke bleibt. Oft dann auch mit dem Gefühl, dass man das ja gar nicht mehr DARF, weil alles andere so schlimm und total wichtig ist. Gefährlich, gefährlich. ;)
Hallo Melina,
viele der angesprochenen Punkte habe ich selbst in den letzten Jahren erlebt und durchlebt.
Ich kann für mich nur sagen, raus aus den eigenen 4 Wänden, weg vom festen Arbeitsplatz. In die Natur zum Entspannen, im Wald oder am Wasser. Arbeiten wo man sich gerade wohl fühlt, soweit das geht. Ich habe das Privileg, ja das ist es für mich, nur mein MacBook und WLAN zu benötigen.
Ja und die Ängste. Annehmen, nicht dagegen ankämpfen, denke ich ist am wichtigsten. Wenn ich die Ängste annehme, akzeptiere, beieinflussen sie mein Denken nicht meh in diesem Ausmaß und machen Platz für Gedanken die mich weiter bringen.
Und die wahren Werte schätzen lernen, denn die liegen ganz wo anders, aber das weißt du ja.
LG Jürgen
btw toller Blog, weiter so :)
Hi Jürgen,
danke für das nette Feedback! :)
Arbeiten wo man sich gerade wohlfühlt ist auch ein guter Punkt. Mache ich auch immer mehr. Ich merke richtig, wie unkreativ und unausgeglichen ich werde, wenn ich den ganzen Tag an der gleichen Stelle sitze. Ich sehe es auch als Privileg an, von zuhause arbeiten zu können oder wo auch sonst es mich hinverschlägt.
Liebe Grüße,
Melina
Übrigens finde ich euren Blog sehr cool! Ihr geht damit definitiv mal einen anderen Weg und das macht es so erfrischend!
Liebe Melina,
ich kann dir in allen Mindsets nur zustimmen: Wenn ich versuche, diese zu beherzigen (trotz guter Vorsätze klappt das ja nicht immer), geht es mir in der Regel beinah sofort spürbar besser.
Ich bin auch eine Person, die prädestiniert für das Verrennen und Festbeißen in bestimmte Dinge/Sachverhalte/Fragestellungen/Arbeit ist und sich schwer damit tut, loszulassen. Genau das muss ich immer wieder vor Augen geführt bekommen bzw. mir auch selbst vorhalten und immer weiter an positiveren Mindsets arbeiten. Daher finde ich vor allem deinen ersten Punkt mit dem Akzeptieren und dass das Leben kein Kampf ist/sein sollte, so wichtig.
(Obwohl alle anderen natürlich auch total wesentlich für Ausgeglichenheit sind.)
Liebe Grüße
Jenni
Hallo Melina,
so wie du das Jahr 2016 bei dir beschrieben hast, lief es bei uns 2013-2016 in Dauerschleife, wobei das letzte Jahr das härteste war.
Rückblickend betrachtet bin ich verblüfft das wir es geschafft haben auf der anderen Seite die Blesurren immer noch zu spüren, zumindest bei mir. Wenn man immer kämpft und da sein muss, weil es kein anderer ist, das zerrt schon am Nervenkostüm.
Auch einer der Gründe wieso ich zum bloggen angefangen habe und auch meinen Namen so gewählt habe, ich möchte mich wieder in die Richtung lenken in der ich vor dem Ganzen war.
Ich finde es gut, dass du darüber schreibst und Tipps für andere gibst, so etwas hilft immer :-)
Liebe Grüße Eileen
http://www.eileens-good-vibes.de
Liebe Melina,
ich habe deinen Artikel soeben auf Pinterest entdeckt.Er hat mich inspiriert,wofür ich dir sehr dankbar bin.
Besonders wertvoll finde ich den Tipp,nicht mehr zu kämpfen.Ich kenne das von mir auch nur zu gut und stresse mich auch oft selbst – einfach,weil ich manchmal Erwartungen an mich selbst habe,die ich teilweise nicht erfüllen kann.
Und daher habe ich für mich entschieden,nicht mehr zu kämpfen und das Leben einfach fließen zu lassen.Das macht alles so viel entspannter.
Wie ich mit Stress umgehe,habe ich in meinem Beitrag geteilt.Vielleicht inspiriert er dich ja auch.Ich würde mich freuen https://marketingich.de/blog/notfallplan-gegen-stress-im-marketing
Alles Liebe
Marie
Hallo Marie, Danke dir und einen schönen Sonntag Abend :)