Mein Gehirn hat zu viele Tabs offen – Ein Satz, der häufig auf mich zutrifft. Wir leben in einer Welt, die voll ist von unzähligen Browser Tabs und ständigen Push-Benachrichtigungen. Die nächste Ablenkung lauert meist nur einen Klick entfernt. Jeder Dienst scheint ständig um unsere Aufmerksamkeit zu buhlen. Und wenn es gerade mal nicht Technik ist, dann ist da garantiert ein Telefonat oder eine Person, die sagt: „Kannst du nicht mal kurz…?“

Wie können wir uns gegen die ständige Reizüberflutung wehren? Wie können wir unsere Konzentration behalten und steigern? Darüber reden wir in der heutigen Folge Still & Stark. Viel Freude beim Hören und Lesen!

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„Mein Gehirn hat zu viele Tabs offen.“

Für die meisten Aufgaben im Job ist es essentiell, sich konzentrieren zu können. Wenn wir fokussiert sind, sind wir produktiver, machen weniger Fehler und unsere Arbeit hat eine höhere Qualität. Zudem ist es ein Zeichen mentaler Stärke, sich gezielt einer Aufgabe zu widmen statt zu multitasken. Leider spielt unser Gehirn dabei nicht immer mit: Es liebt die Abwechslung. Statt Konzentration wollen wir etwas Neues sehen, hören, erfahren, lernen.

Ich kenne das nur zu gut: Ich leiste manchmal großartige Arbeit darin, mich selbst mit Reizen zu überfluten. Gerade wenn ich denke „jetzt haste den Bogen raus, Melina“, merke ich kurze Zeit später: „Das war wohl nix.“ In diesem Punkt dürfen wir alle wohl noch eine Menge über uns lernen.

Gerade hochsensible Menschen bemerken schnell, wie massiv sie täglich von äußeren Reizen bombardiert werden. Schon nach kurzer Zeit kann es mit der gesteigerten Konzentration vorbei sein und es kommt die Ablenkung. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Das Internet macht es uns besonders schwer, unsere Konzentration steigern zu können. Timon hat sich die Wissenschaft hinter dem Thema Aufmerksamkeit und Reizüberflutung genauer angesehen und zeigt uns:

  1. … eine Studie, die belegt, dass Ablenkungen unsere Wahrnehmung und unsere Gedächtnisleistung nachhaltig verfälschen.
  2. … wie wir mit relativ einfachen Schritten unsere Konzentration verbessern.
  3. … wie echte Konzentration heutzutage sogar zum Wettbewerbsvorteil im Job wird.

Wie sich herausstellt, kann all diese Ablenkung mit hohen Kosten verbunden sein – nicht nur für unseren Verstand, sondern auch für unsere Sicht auf die Welt und die Realität. Von unserer mentalen Gesundheit mal ganz zu schweigen. (Über die Auswirkungen von dauerhaftem Stress liest du hier mehr.)

Die wahren Kosten von Ablenkung und Reizüberflutung

Eine neue Studie zeigt: Wenn uns etwas ablenkt – selbst, wenn wir stark sind und es ignorieren – kann es einen Einfluss auf unser Gedächtnis haben. Und das Schlimme ist: Wie bemerken davon nicht einmal etwas.

Du hast bestimmt schon oft gehört, dass Multitasking schädlich für unsere Konzentration und unsere Aufmerksamkeitsspanne ist. Wenn du versuchst, auf mehrere Dinge gleichzeitig zu achten, wirst du nie so gut sein, wie du es sein könntest, wenn du nur eine Sache zur Zeit angehen würdest.

Wie sehr unsere Konzentration durch Reize von außen beeinträchtigt wird, zeigen drei Studien exemplarisch auf:

Studie 1: „Microsoft“–Studie 2007 Disruption and Recovery of Computing Tasks: Field Study, Analysis, and Directions

Ergebnis dieser Studie: Es dauert 15 Minuten, bis man nach einer Ablenkung, z.B. durch eine E-Mail, Push-Nachricht oder ähnliches, wieder voll konzentriert ist. (Quelle)

Das klingt erst einmal unproblematisch, nicht wahr? 15 Minuten sind ja nicht viel, so scheint es. Aber überleg mal, wie viele Unterbrechungen am Tag du durch Anrufe, Nachfragen von Kollegen, E-Mails und App-Benachrichtigungen hast. Und dann rechne dir mal aus, wie viel Zeit du verlierst, wenn du dich immer wieder sammeln und einarbeiten musst! Plötzlich werden aus 15 Minuten Stunden.

Studie 2: „Attention Span“, 2015 Studie Microsoft Kanada

In dieser Studie wird zwischen drei Arten der Aufmerksamkeit unterschieden. (Quelle Telepolis)

  1. Meist wird Aufmerksamkeit als Konzentration verstanden, also Fähigkeit, an einer Sache zu bleiben und sich nicht ablenken zu lassen. Die längere Fokussierung ist aber tatsächlich nur ein Modus.
  2. Selektive Aufmerksamkeit: Die Fähigkeit, trotz ablenkender Reize die Aufmerksamkeit nicht abschweifen zu lassen.
  3. Multitasking: Schnell und höchst konzentriert zwischen verschiedenen Aufgaben hin- und herschalten.

76% der befragten Kanadier (18-24 Jahre) gaben an, sie könnten nur durch Multitasking ihrer Arbeit nachgehen. Die Erkenntnis? Scheinbar werden Menschen, die einen digitalen Lebensstil pflegen, zunehmend unfähig, sich in nicht-digitalen bzw. nicht-interaktiven Umgebungen aufzuhalten, in denen eine längere fokussierte Aufmerksamkeit erforderlich ist.

Studie 3: Attentional capture alters feature perception, 2019 Ohio State University

Ein weiterer Grund, deine Benachrichtigungen abzuschalten: Sie können dein Gedächtnis verändern. Dass Multitasking unsere Arbeit verlangsamen kann, wissen wir aus Studie 1. Nun zeigt diese Studie von 2019 sogar, dass es nicht nur darum geht, dass dass wir langsamer werden und unsere Aufmerksamkeit leidet. Nein, unsere Wahrnehmung und unser Gedächtnis werden sogar verändert. (Quelle: Fast Company)

Folgender Versuch wurde durchgeführt: Den Teilnehmern wurde eine einfach klingende Aufgabe gestellt: „Betrachte einen Bildschirm mit vier farbigen Feldern. Eines davon mit einer weißer Umrandung dargestellt, auf die du achten sollst.“ Nachdem diese Felder für nur eine zehntel Sekunde auf dem Bildschirm aufgeleuchtet sind, sollte die Farbe gewählt werden, um die der weiße Rahmen angezeigt wurde. Ergebnis: Trotz der hohen Geschwindigkeit dieser Arbeit gab es kaum Fehler.

So weit, so gut. Aber dann wurde ein absichtlicher Störfaktor in den Versuch eingeführt: Von den vier Feldern würde eines in Weiß umrandet sein, aber dann würde ein anderes – der Störer – von weißen Punkten umgeben sein. Obwohl sie dazu angehalten wurden, den Störer zu ignorieren, konnten die Probanden es nicht verhindern. Was war diesmal das Ergebnis? 20% bis 30% der Probanden benannten die Farbe des Störers als die richtige, ohne den Fehler zu bemerken. Sie waren sich absolut sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben!

Noch interessanter: Wenn der Störfaktor ins Spiel kam, wurde das Gedächtnis der Teilnehmer in manchen Fällen scheinbar verwirrt. Angenommen, die richtige Farbe war rot und die Farbe des Störfaktors war gelb. Die meisten Teilnehmer, die die „richtige“ Antwort gaben, waren aber immer noch von der falschen Farbe beeinflusst: So wählten sie einen Rotton, der weiter vom Gelb entfernt war, nämlich sogar Richtung Blau.

Julie Golomb, Psychologie-Professorin an der Ohio State University erklärt dieses Phänomen so: „Es war es fast so, als wüssten sie davon“, dass diese eine Farbe versucht hatte, sie abzulenken. Und es sah so aus, als würden sie den möglichen Fehler aktiv überkompensieren. In Wahrheit waren sich die Probanden allerdings dessen nicht bewusst.

Was bedeutet die neueste Forschung für unseren Alltag?

Die aktuellen Studien zeigen, dass wir Ablenkungen sehr ernst nehmen sollten. Die Tatsache, dass Unterbrechungen und Störungen nachweislich unser Gedächtnis an der Nase herumführen, sollte uns aufmerken lassen, denn: Es gibt keinen grundlegenden Unterschied zwischen farbigen Feldern versus beispielsweise gefälschten Nachrichtenschlagzeilen auf Facebook! Unser Gedächtnis lässt sich unbewusst beeinflussen.

Timon und ich finden diese Studienergebnisse ziemlich gruselig! In der realen Welt gibt es ja weit mehr Dimensionen als bloß ein paar farbige Felder, auf die wir uns konzentrieren müssen. Die Datenflut kommt uns jetzt schon oft unüberschaubar vor. Dadurch steigt unser Risiko für Fehleranfälligkeit ja noch einmal rasant an.

Wie können wir unsere Konzentration steigern?

Timons und meine wichtigsten Tipps für einen besseren Fokus:

Sich feste Zeiten setzen, in denen man ungestört arbeiten kann. Wenn man angestellt ist, muss man zu bestimmten Zeiten für Kunden und Kollegen verfügbar sein. Was wäre, wenn man sich wirklich 2-3 Stunden am Tag blockt, um komplett ungestört zu sein? Man erreicht eine Tiefe bei der Arbeit, die schon heute viele gar nicht mehr kennen. Ein weitere Möglichkeit könnte auch sein, nur zu bestimmten festen Zeiten am Tag seine E-Mails abzurufen.

Smartphone weg vom Arbeitsplatz (oder in den Flugmodus)! Wenn das Gerät gar nicht erst im Raum ist, fällt das Arbeiten deutlich leichter. Kaum dass wir etwas Wartezeit oder eine kurze Pause haben, passiert nämlich Folgendes: Wir nehmen wie ferngesteuert ohne es zu merken, unser Smartphone zur Hand.

Lesetipp: Mein Selbstversuch – Mentaler Reset dank Social Media Detox: Da ich Soziale Netzwerke vor allem beruflich nutze, um mich mit Gleichgesinnten zu vernetzen und meinen Leserinnen immer wieder lesenswerten Content zu bieten, verbringe ich viel Zeit im Internet. Das führt nicht selten dazu, dass ich komplett überreizt bin und dann überreagiere. Mein Experiment: Sieben Tage ohne Soziale Netzwerke. Was wird passieren? FOMO oder mentaler Reset?

Benachrichtigungen abstellen. Das Smartphone ist ja nicht der einzige Übeltäter. Dasselbe gilt auch für Desktop-Benachrichtigungen. Es gibt hilfreiche Apps, mit denen man den Zugang zu bestimmten Websites und Apps einschränken können, um gar nicht in die Versuchung zu kommen (z. B. RescueTime).

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Mehr Wissenswertes zu dieser Folge:

🔗 Studie: Another reason to silence your notifications: They could alter your memory

🔗 Weitere Hilfen rund um das Thema Erreichbarkeit und Konzentration haben wir hier für dich zusammengestellt: Mehr Fokus für unsere Ziele. Unbedingt reinschauen!

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Timon und Melina

Wie kann ich meine Konzentration steigern?

Smartphone weg vom Arbeitsplatz (oder in den Flugmodus)! Wenn das Gerät gar nicht erst im Raum ist, fällt das Arbeiten deutlich leichter… 
Benachrichtigungen abstellen. Es gibt hilfreiche Apps, mit denen man den Zugang zu bestimmten Websites und Apps einschränken können, um gar nicht in die Versuchung zu kommen (z. B. RescueTime)
Sich feste Zeiten setzen, in denen man ungestört arbeiten kann. 
Was wäre, wenn man sich wirklich 2-3 Stunden am Tag blockt, um komplett ungestört zu sein? Man erreicht eine Tiefe bei der Arbeit, die schon heute viele gar nicht mehr kennen…

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