Man muss sich nur richtig verkaufen!“ „Du musst einfach immer präsent sein“. „Zeig anderen, was du drauf hast!“ Gut und schön. Aber was, wenn man ein Problem damit hat, sich selbst anzupreisen? Beim Thema Eigenwerbung haben viele Unternehmer*innen Hemmungen.

„Der schlimmste Fehler von Frauen ist ihr Mangel an Größenwahn.“

Tweete das!

Volltreffer! Was für ein gutes Zitat von Irmtraut Morgner (1933-1990), Schriftstellerin. Ich kenne viele liebe, talentierte Frauen, die eine Menge auf dem Kasten haben und sich beinahe dafür schämen, wenn sie über sich und ihre Arbeit sprechen. Und ich frage mich: Ist das eine Frage des Selbstvertrauens?

Für mich auf jeden Fall. Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt. Eigentlich bin ich froh, wenn ich im Hintergrund arbeiten kann und in Ruhe gelassen werde. Ich empfand es früher schon als große Herausforderung, wenn mich Menschen nach meiner Tätigkeit fragen und war froh, wenn ich nach 2-3 Sätzen die Frage zurückreichen kann, damit jemand anders über sich reden kann. Interessanterweise machte es mir kaum etwas aus, wenn andere Eigenwerbung für sich machten. Nur wenn es um mich ging, war es plötzlich vorbei.

„Ich bin halt introvertiert“ ist nur eine Ausrede!

So. Nun bin ich aber seit 2014 selbstständig. In der Ecke verstecken und andere machen lassen ist nicht. Für meinen Traum von Unabhängigkeit musste ich mir also neue Skills aneignen. Es ist schön, dass mein Mann Timon und ich uns gegenseitig unterstützen können. Nichtsdestotrotz muss ich vor anderen über meine Arbeit reden können, ohne dabei betreten auf den Boden zu starren und am liebsten gleich im selben versinken zu wollen.

Das fiel mir anfangs unglaublich schwer. Oft sagte ich Sätze wie:

→ „Ich bin halt keine Rampensau.“
→ „Ich bin introvertiert, ich ticke halt anders.“
„Andere haben einfach mehr Talent als ich.“

Falls du dich hier wiedererkennst, muss ich dir diesen Zahn jetzt ziehen:

Die Introversion kann nichts dafür, dass du dich nicht traust, mit anderen Menschen über deine tolle Arbeit zu sprechen. Es ist deine Einstellung, deine Angst, die dich aufhält. Tweete das!

„Ich bin halt so, ich kann nicht anders“ ist nichts weiter als eine Ausrede, um die eigene Angst zu rechtfertigen. Sorry, aber so ist es. Woher ich das weiß? Es kostet nur eine Google-Suche und du erfährst: Es gibt so tolle introvertierte Gründer*innen. Auch sie machen Eigenwerbung. Aber auf eine Art, die ihnen entspricht. Und ihre Beispiele zeigen: Man kann in eine Rolle auch hineinwachsen. Sie sind sich ihrer Stärken bewusst, sie brennen für das, was sie tun und deshalb fassen sie sich ein Herz und gehen raus damit!

Beispiele:

Jetzt wirst du sicher aus allen Wolken fallen, denn: Girlboss-Gründerin Sophia Amoruso bezeichnet sich selbst als Introvertierte: „Es ist lustig. Ich bin wirklich introvertiert – ich habe einen Online-eBay-Shop eröffnet, damit ich allein arbeiten kann, ohne je zu denken, dass ich hundertfünfzig Mitarbeiter habe und fotografiert werde, oder so.“ (Quelle: Into the Gloss)

Und Sir Richard Branson sagt: „Ich kann aus Erfahrung sagen, dass Schüchternheit ein Problem ist, das überwunden werden kann. Es braucht nur Übung. Vor Jahren, als Organisationen anfingen, mich zu Vorträgen einzuladen, war ich auf der Bühne sehr nervös und war wirklich schlecht darin, meine Punkte zu vermitteln. Aber ich habe durchgehalten und es hat sich ausgezahlt. Obwohl ich mich manchmal ein bisschen entmutigt fühle, bevor ich vor einem großen Publikum spreche, hält es mich nachts nicht wach.“ (Quelle: The Star Online)

Wie ich gelernt habe, selbstbewusst über meine Arbeit zu sprechen

Wir merken also: Man kann alles lernen! Sich gut zu verkaufen muss nichts Selbstbeweihräucherung zu tun haben! Eigenwerbung ist notwendig und sie hat nichts mit unserem Charakter zu tun. Die Situation erfordert, dass wir über unsere Arbeit sprechen.

Manche z. B. können den Wert ihrer Arbeit nicht erkennen, weil sie ihren eigenen Wert nicht wahrnehmen. Dann ist es essentiell, erstmal in sich zu gehen und am eigenen Selbstvertrauen zu arbeiten. Und wir sollten darüber nachdenken, welchen Wert wir mit unserer Arbeit stiften.

Nimm dir ein bisschen Zeit und beantworte für dich selbst diese Fragen:

→ Was hat mich an meinem Job so fasziniert, als ich ihn begonnen habe?

→ Mit welchen Stärken kann ich anderen besonders gut helfen?

→ Welche Probleme löse ich für meine Kunden? (Oder meinen Arbeitgeber?)

Diese Fragen für sich selbst beantworten zu können, sind schon ein großer Teil der mentalen Arbeit. Wenn du weißt, wofür du brennst, ist es viel leichter, andere mit deiner Begeisterung anzustecken.

„Aber mir fällt nichts ein, was ich sagen kann“

„Melina, ich weiß im richtigen Moment, nie was ich sagen soll. Es ist, als ob mein Gehirn plötzlich leer ist.“

Kenne ich nur zu gut. Was mir da sehr geholfen hat ist gute Vorbereitung zuhause. Ich habe mir immer wieder Texte überlegt, wie ich meine Arbeit erklären kann. Weil ich im entscheidenen Moment leider immer nervös werde, habe ich sie einstudiert, bis ich sie im Schlaf singen konnte.

Das muss dir nicht unangenehm sein, das ist total okay! Übung macht den Meister, auch hier. Anfangs fühlt man sich steif und unbehaglich, aber das geht schnell vorbei. Aber schon nach einigen Versuchen ging mir mein Satz bedeutend leichter von den Lippen. Mehr braucht es oft gar nicht, denn wenn man kurz und clever erklärt, was man tut, kommt in Folge von ganz allein ein interessantes Gespräch zustande. Also eigentlich völlig ungezwungen bis auf den geübten Start.

Kennst du den sogenannten Elevator-Pitch?

Das ist eine Methode, bei der du deine Geschäftsidee oder Leistung so kurz auf den Punkt bringst, dass du jemanden während einer 60-sekündigen Fahrstuhl-Fahrt überzeugen könntest. In einer etwas abgewandelten Form verwende ich diese Technik, wenn mich andere nach meiner Tätigkeit fragen. Gute Tipps zu dieser Methode findest du zum Beispiel auch in unserem Kompaktkurs Intuitiv Netzwerken.

Intuitiv Netzwerken

Was wäre, wenn Netzwerken sich nicht fake und oberflächlich, sondern richtig gut anfühlen würde? Geht! – Sogar wenn du Small Talk schrecklich findest. Das lernst du in unserem Online-Kurs. Folge über 500 Menschen,⁣ die mit Natürlichkeit statt Show bei anderen punkten⁣!

Mein eigener Elevator Pitch:

„Ich bin Autorin und Gründerin von Vanilla Mind. Mein Motto lautet ‘Still und stark’ und ich helfe ruhigen Menschen, in dieser lauten Welt ihren eigenen Weg zu gehen.“

Das ist leicht verständlich und sehr klar abgegrenzt. Meistens sind die Anschlussfragen: „Wie bist du darauf gekommen? Worüber schreibst du genau? Ich bin auch introvertiert.“ Und so weiter. Zack! – bin ich im Gespräch. Hat gar nicht wehgetan.

Wie hätte das Gespräch noch laufen können? Ich habe auch schon andere Sätze ausprobiert, zum Beispiel: „Ich bin Bloggerin, Designerin und Autorin.“

Meistens kommt das Gespräch hier schon ins Trudeln. Warum? Erstens war das zu viel Information auf einmal. Ich scheine ja alles und nichts zu machen. Zweitens: Blogs sind im Small Talk mit meinen Bekannten noch nicht so richtig angekommen. Oder zumindest denken sie dabei nicht an eine professionelle Tätigkeit, mit der man Geld verdienen kann, sondern als Hobby. Damit werde ich meiner eigenen Tätigkeit natürlich nicht gerecht. Im schlimmsten Fall kommt die Frage: „Kann man davon überhaupt leben?“

Darum:

Überleg dir einen kleinen Pitch, mit dem du dich wohl fühlst, aber auch deine Einzigartigkeit betonst.

Und glaub mir, das geht nicht nur, wenn man einen „voll fancy Kreativberuf“ hat, sondern auch wenn du Aushilfskraft, BWL-Studentin, Podologin oder Buchhalterin bist. Wenn du sagst: „Ach, ich mache was ganz Langweiliges…ich bin in der Buchhaltung.“ Ja klar – dann ist das langweilig. Aber nur, weil du es so genannt hast! Du könntest auch sagen: „Meine Abteilung entscheidet über Erfolg und Misserfolgs des gesamten Unternehmens. Denn nur wenn unsere Zahlen am Ende des Monats stimmen, können richtige Entscheidungen in der Geschäftsleitung getroffen werden. Das finde ich immer wieder spannend.“

Deine Website = deine Visitenkarte

Du hast eine eigene Website? Dann hast du bestimmt auch ein sogenanntes „About“ oder „Über meine Arbeit“. Es ist deine Visitenkarte, wenn Besucher auf deine Website kommen. Hier entscheidet sich, welchen Eindruck sie von dir gewinnen. Aber hier scheint es eine Menge Mythen und Missverständnisse zu geben.

Wie sehen die meisten dieser About-Seiten aus? Oftmals steht da nichts anderes als ein tabellarischer Lebenslauf mit dem höchsten Berufsabschluss. Ok, toll. Jetzt weiß ich, was dein Beruf ist. Aber: Das wusste ich auch schon vorher, sonst wäre ich nicht auf deiner Seite gelandet.

Natürlich ist dein Werdegang in gewisser Weise auch relevant. (Vor allem dann, wenn du in einem Berufszweig arbeitest, in dem es leider auch schwarze Schafe gibt, wie beispielsweise im Coaching.) Das erste, was ich als potenzielle Kundin wissen ist dennoch: „Was macht dich aus? Wo liegen deine Stärken? Warum bist du genau die richtige für mich?“

Ich wähle deine Leistung nicht, weil du an Uni XY studiert hast. Das sagt nichts über dich und deine Arbeit aus! Ausbildungen und Uni-Abschlüsse hat jeder, das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Schreib zusätzlich am besten auf, was dich antreibt, warum du jeden Tag dein Bestes gibst und welches Ziel du mit deiner Arbeit verfolgst. Wenn du das selbst nicht so genau weißt, dann hast du kein überzeugendes Auftreten.

Menschen buchen dich, weil ihnen deine Art zusagt und sie sich abgeholt fühlen. Wenn du deine Tätigkeit beschreibst, solltest du nicht einfach deinen erlernten Beruf in den Raum werfen und dann hoffen, dass die Leute verstehen, welchen Wert du stiftest. Damit machen es sich die meisten zu einfach.

Fazit: Smarte Eigenwerbung kommt ohne Show aus

Wir sind uns völlig einig: Du sollst nicht hochstapeln oder den Leuten etwas vormachen. Das ist nicht der Sinn von Selbstvermarktung! Bewusst oder unbewusst spürt es sowieso jeder Mensch irgendwann, wenn hinter deinen Aussagen nur heiße Luft steckt.

Wichtig zu verstehen ist: Nur wenige Menschen werden sich für deine Produkte oder Leistungen um der Sache willen interessieren. Denn dann könnten sie überall hingehen. Du bist sicher nicht der einzige Mensch auf dem Planeten, der deine Tätigkeit ausführt.

Was Kunden und Arbeitgeber interessiert ist, welchen Nutzen oder Vorteil sie darin sehen, mit dir zu arbeiten. Sie möchten sich von dir verstanden und abgeholt fühlen.

Für meine Branche gilt zum Beispiel: Es gibt unheimlich viele Designer*innen. Und auch viele gute, sehr kreative Designer*innen. Es gibt aber wiederum nicht so viele, die die Soft Skills drauf haben – Zuverlässigkeit, gute Kommunikationsfähigkeiten, Einfühlungsvermögen, Geduld und Kritikfähigkeit. Bei Dienstleistungen gilt: Menschen wollen sich bei dir wohlfühlen und sich gut aufgehoben wissen. Wenn du authentisch und selbstbewusst zeigst, was deine Arbeit ausmacht, dann ist ihnen auch nicht so wichtig, ob du 20 Euro mehr pro Stunde kostest.

Jetzt du:

Welche Strategien nutzt du gern, um deine Stärken zu zeigen?

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