Das Thema Schlaf ist ein absoluter Dauerbrenner. Es ist fast wie beim Wetter: Man kann ewig darüber diskutieren, sich beklagen und gegenseitig bemitleiden. Beeindruckend finde ich, dass man über die Länge oder besser gesagt: Kürze des Schlafes richtige Wettbewerbe starten kann. Wer am wenigsten hatte, ist der klare Sieger und Augenringe sind längst das neue It-Piece. Warum das so ist? Gute Frage. Ich vermute, es hat ein ähnliches Prestige wie das Wort “Workaholic”:

Yeah, wir sind alle so busy und gefragt, dass wir uns den Luxus von Freizeit und Schlaf gar nicht leisten können.

Schön ist das ja nicht. Wer sich – und wenn auch nur oberflächlich – mal mit den Prozessen beschäftigt hat, die nachts in unserem Gehirn ablaufen, der weiß, wie indiskutabel zu wenig Schlaf sein sollte (eine aktuelle Studie dazu findest du hier, in engl.). Es schädigt den Körper dauerhaft und behindert wichtige Aufräum-Arbeiten im Gehirn. Abgesehen davon ist es laut Journalistin und Oberschlafmütze Katharina Kunzmann noch heuchlerisch obendrein: Man könne sich ja wohl schlecht “healthy und clean” ernähren und stolz in Sportkleidung posen, während man gleichzeitig Nacht für Nacht seinen Körper ausbeutet. Wie Recht sie hat!

Viele denken allerdings nicht gern ans Schlafen, zum Beispiel mein Mann Timon. Sein Schlaf ist eine ziemlich zickige Diva – beim kleinsten Geräusch ist er hellwach und morgens oft nicht so erholt, wie er es gern hätte. In diesem Artikel möchten wir beide unsere Tipps teilen, die am besten geholfen haben, erholt in den Tag zu starten – und abends auch wieder runterzukommen.

Einfach ist es nicht gewesen, sich einen guten Schlaf- und damit auch Arbeitsrhythmus aufzubauen. Um produktiv zu sein, unsere Arbeit zu schaffen und unserem Körper genau das zu geben, was er braucht, kommen wir am Thema Schlaf einfach nicht vorbei.

Schlaf in 3 Akten

Erster Akt: Aufstehen.

Fangen wir gleich mit dem Schlimmsten an: Timon und ich sind beide Eulen, das heißt, wir haben unser Leistungshoch erst nach dem Mittag, manchmal bis tief in die Nacht. Wenn wir uns unseren Wecker stellen, dann meistens auf 10 Uhr. Moment, sagte ich Wecker? Herkömmliche Exemplare dieser Erfindung sind einfach nur brutal. Es gibt nichts Schlimmeres als von einer nervtötenden Melodie geweckt zu werden, wenn man mitten in seiner Tiefschlafphase steckt. Das Geräusch einer Kreissäge könnte auch keinen übleren Schaden verursachen. Was hilft?

Melina: Ich habe mich mit Sleep Cycle angefreundet, einer App mit Schlafphasen Wecker. Für meine Weckzeit lege ich ein Zeitfenster statt einem genauen Zeitpunkt fest, wie zum Beispiel 9:30-10 Uhr. Das sorgt dafür, dass ich nicht mitten in einer Tiefschlafphase aus dem LaLa-Land gerissen werde. Und es funktioniert erstaunlich gut. Etwas matschig bin ich meistens noch, aber ich bin kein Zombie. Spätestens nach einer kurzen Sporteinheit bin ich aber hellwach. Das können auch 5 Minuten Stretching oder Pilates sein, es hilft wirklich!

Sleep Cycle kann übrigens nicht nur die Bewegungen und Geräusche im Schlaf auswerten, sondern funktioniert wie ein kleines Schlaflabor: Man kann Störfaktoren (Sleep Cycle weiß sogar, ob du schnarchst) und Aktivitäten eintragen, sodass man am Ende eine Statistik darüber angelegt hat, welche Faktoren die Qualität des Schlafes bestimmen (ich habe mittlerweile 788 Nächte in meiner Statistik zusammen). Für manche sicherlich ein Game-Changer. Ich schlafe am besten, wenn ich am Tag Sport gemacht habe. Diese Beobachtung deckt sich sogar mit wissenschaftlichen Studien, denn Bewegung verbessert nachweislich unsere Schlafqualität. Nur bitte nicht direkt Abends Sport machen, sonst läuft der Kreislauf auf Hochtouren und dementsprechend liegt man dann nachts wach.

Timon: Ich schlafe so lange, bis ich von alleine wach werde. Mein Schlaf ist die Grundlage für meine Gesundheit und Leistungsfähigkeit, daran darf nicht gespart werden. Ich habe so vieles ausprobiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mir diese Freiheit als Selbstständiger einfach nehmen muss. Hilfreich ist für mich, mich morgens erstmal eine halbe Stunde lang bei einem Espresso zu sammeln und langsam zu mir zu kommen. Danach mache ich, wenn das Wetter es erlaubt, eine halbe Stunde Sport an der frischen Luft. Meist gehe ich 15 Minuten laufen und dann laufe ich nochmals 15 Minuten das Treppenhaus rauf und runter.

Eule oder Lerche?

In ihrem Buch “Ab ins Bett” erklärt Katharina Kunzmann die “Methode der Schlafmitte”: Was sind deine Schlafenszeiten an arbeitsfreien Tagen ohne Wecker? Wähl’ eine typische Nacht aus und errechne deine Schlafmitte. Beispiel: Wenn ich um 2 Uhr Nachts schlafengehe und um 10 Uhr aufwache, ist meine Schlafmitte um 6 Uhr. Faustregel: Alles vor 3 Uhr kennzeichnet eine starke Lerche. Alles nach 6 Uhr eine starke Eule. Die Mehrheit liegt irgendwo dazwischen und besteht somit aus moderaten Eulen und Lerchen.

Zweiter Akt: Schlaf als Produktivitätsbooster für den Tag nutzen.

Achtung Reizthema: Wie sinnvoll ist es, Menschen dazu zu zwingen, entgegen ihrer inneren Uhr früh aufzustehen und zu arbeiten? In der Folge passiert nämlich genau das nicht: Die Leute stehen dann hilflos herum und bekommen außer Kaffeetrinken und Schnacken die ersten Stunden des Tages nicht viel zustande. Gleitzeit ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss, denn wie flexibel ist es schon von 8-10 Uhr gleiten zu dürfen? Interessant ist, dass viele Eulen nicht einmal etwas ändern würden, wenn sie die Möglichkeit hätten: Man möchte ja schließlich früh zuhause sein. Aber was, liebe Eulen, habt ihr davon früh zuhause zu sein, aber quasi nichts geschafft zu haben?

Timon:  Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich angestellt war. Oft verlief mein Arbeitstag so, dass ich wichtige Tätigkeiten vor mir hergeschoben habe. Einfach, weil sie mir mental zu anstrengend waren. Um 15 Uhr war ich dann ich Höchstform und habe innerhalb von 2 Stunden das weggearbeitet, was ich in den 6 Stunden zuvor nicht geschafft habe.

Zwischenzeitlich habe ich mir ein Werkzeug gebaut, mit dem ich stündlich festhalte, wie konzentriert ich mich selbst einschätze. Über mehrere Wochen hinweg ergibt sich dadurch ein guter Mittelwert pro Uhrzeit. Die Daten lasse ich mir als Grafik in Excel darstellen. Dadurch habe ich jetzt eine noch genauere Vorstellung, auf welche Uhrzeiten ich anspruchsvolle Denkaufgaben legen muss. Interessant ist, dass es mehrere Produktivitätspeaks gibt.

Diese Erkenntnis hilft mir auch, nicht frustriert zu sein, wenn ich etwas nicht schaffe. Meist liegt es an der Uhrzeit und meine Daten bestätigen mir dann, dass ich erst zu einem anderen Zeitpunkt leistungsfähig sein werde. Wichtig ist dabei auch, auf regelmäßige Mahlzeiten und ihre Größe zu achten. Das macht die eigene Produktivität wesentlich vorhersehbarer.

Gerade für Arbeitnehmer ist es sicherlich leichter, über Daten und Fakten klar zu machen, warum man zu bestimmten Zeiten nicht gestört werden möchte oder an einem Termin nicht teilnehmen kann!

Melina: Nach 13 Jahren Schule und weiteren 6 Jahren Arbeit kann ich sagen: Es ist erstaunlich, wie sehr Schlaf das Leben beeinflusst. Durch meinen Schlafmangel war ich oft abgeschlagen und hatte ein schwaches Immunsystem.

(Not so) fun fact: Wer wenig oder schlecht schläft, ist häufiger erkältet.

Und das ist erst der Anfang, das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt ebenfalls enorm an. Auch ein erholsames Wochenende konnte mein Defizit nicht kompensieren.

Jetzt schlafe ich meistens von 2 Uhr bis 10 Uhr und fühle mich sehr wohl damit. Richtig erkältet bin ich nur noch 1-2 Mal im Jahr, vorher waren es 4-5 Male. Manchmal mache ich sogar zwischendurch einen Powernap – ein richtig guter Booster für Konzentration und Leistungsfähigkeit.

Derartige Freiheiten hat man nur in der Selbstständigkeit? So mag es manchmal aussehen. Es fangen aber schon einige Unternehmen an, das klassische 9-to-5 Modell zu überdenken. Es wird sicherlich noch eine Weile dauern, bis in allen Köpfen der Gedanke angekommen ist, dass abgesessene Zeit nicht automatisch für gute Ergebnisse und hohe Effizienz sorgt. Momentan bleibt dir daher nur: Suche das Einzelgespräch mit deinem Chef und mach ihm einen Vorschlag, den er nicht ablehnen kann. Es gibt sehr gute Argumente für flexible Arbeitszeiten. Manchmal kann auch ein Home-Office-Tag die Rettung sein.

Dritter Akt: Einschlafen.

Timon: Meist gehen wir zwischen 1 und 2 Uhr schlafen. Nach 2 Uhr beginnt eine Phase, in der mein ganzer Schlafrythmus sonst durcheinander kommt. Wenn man schlafen möchte, ist es wichtig auch im Kopf abschalten zu können. Am einfachsten gelingt mir das, wenn ich vor dem Einschlafen einen Roman lese. Wichtig ist mir, dass es sich um Fiktion handelt. Dadurch wird die Fantasie angeregt und der Teil des Gehirns der auf Logik und das Durchdringen von Sachthemen ausgelegt ist kommt zur Ruhe. Beim Lesen von Text merkt man auch sehr schnell, wann die Konzentration aufhört und man müde wird.

Es hat also einen doppelten Nutzen, Kopf und Körper kommen durch das Lesen runter und man merkt sehr schnell wenn man den Punkt erreicht hat, an dem man einschlafen kann. So wälzt man sich nicht unnötig im Bett und grübelt über Dinge nach, die einen weiter wach halten.

Melina: Wenn ich vorm Einschlafen noch Zeit am Smartphone oder Computer verbringe, schlafe ich nicht gut ein. Die blauen Wellenlängen des Lichtes machen regelrecht munter, denn das Nervensystem reagiert darauf besonders sensibel. Also Handy weg und lieber ein Buch lesen! Ich mag auch total gern Hörbücher. Die Vorlese-Stimme beruhigt mich und macht müde. Außerdem muss es richtig dunkel im Raum sein.

Einen guten Tipp habe ich auch aus dem Buch “Ab ins Bett” mitgenommen: Chronobiologe Till Roenneberg warnt im Interview davor, den eigenen Schlafrhythmus durcheinander zu bringen. Im Büro bekommen wir wenig Licht ab und abends durch unsere Wohnzimmerbeleuchtung zu viel. Der Körper kann Tag und Nacht dadurch weniger gut unterscheiden. „Wir erschaffen einen unnatürlichen Licht-Kreislauf“ und das führt dann wieder zu Schlafproblemen. Er empfiehlt, tagsüber möglichst oft nach draußen zu gehen. Denn Menschen, die unter freiem Himmel arbeiten, haben kaum Schlafprobleme.

Lesetipp: “Ab ins Bett”

von Katharina Kunzmann, Goldmann Verlag

Ab ins Bett von Katharina KunzmannWie viel Schlaf braucht der Mensch? Wie schläft man am besten ein und was sollte man auf keinen Fall tun? Und was genau passiert nachts eigentlich während der Schlafphasen?

Die Autorin gibt faszinierende und humorvolle Einblicke in die Welt des Schlafes, in genau der richtigen Mischung aus Unterhaltung und Sachbuch. Einige davon habt ihr eben in diesem Artikel kennengelernt und ihr könnt euch noch auf viele weitere in ihrem Buch freuen.

Sie liefert vor allem genügend stichhaltige Gründe mit, warum unser Schlaf so ein wichtiger Aspekt unserer Gesundheit ist, wie wir ihn verbessern können und ihn wieder mehr schätzen lernen.Hier kannst du einen Blick ins Buch werfen.*

Was hilft dir am besten beim Einschlafen und Aufstehen?

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