Kennst du das? Du sitzt an deinem Schreibtisch und willst eigentlich nur eine einzige, simple Sache erledigen. Nur diese eine. Und im nĂ€chsten Moment findest du dich in einem wilden KnĂ€uel aus zehn anderen, unerwarteten To-dos wieder, dein Herz pocht und du fĂŒhlst dich, als wĂŒrdest du einen Marathon laufen, fĂŒr den du nie trainiert hast.
Wenn du jetzt nickst, lass mich dir eine kleine Geschichte von meinem ganz normalen Alltagswahnsinn erzÀhlen:
Mein Plan fĂŒr heute morgen war glasklar, nĂ€mlich die Versicherungsnummer fĂŒr meine Zahnzusatzversicherung raussuchen. Ein schneller Blick in meine E-Mails sollte genĂŒgen. Doch kaum hatte ich mein Postfach geöffnet, sprang mir die Nachricht eines Versandunternehmens ins Auge. Eine Retoure ist scheinbar verloren gegangen, und nun mĂŒsse ich DRINGEND eine Deklaration ausfĂŒllen. â đ„ Zack! Die vorherige Aufgabe war vergessen. In meinem Kopf schrillten alle Alarmglocken: âMach das sofort, sonst vergisst du es! Das ist wichtig! Los, los, los!â Plötzlich hatte dieses Formular die höchste PrioritĂ€t der Welt. Ich lieĂ alles stehen und liegen, nur um diese eine, unvorhergesehene Aufgabe aus dem Kopf zu bekommen.
đđŒ Das Ergebnis? Eine halbe Stunde spĂ€ter war das Formular ausgefĂŒllt, aber ich war völlig aus meinem Flow gerissen, gestresst und die Versicherungsnummer hatte ich immer noch nicht.
đ€Ż Warum der Drang, alles sofort zu erledigen, eine Stressreaktion und keine Superkraft ist
đ€ Wieso das âschnelle Abhakenâ oft eine Falle fĂŒr deine Konzentration und deine Nerven ist
đĄ Wie du gezielt wieder die Kontrolle zurĂŒckgewinnst
PrĂ€krastination â der unbekannte Zwilling der Prokrastination
Wir alle kennen die Prokrastination â das ewige Aufschieben von unliebsamen Aufgaben. Aber hast du schon mal von ihrem ĂŒbereifrigen Zwilling gehört? Der PrĂ€krastination?
â ïž Achtung: Viele von uns halten dieses Verhalten fĂŒr eine StĂ€rke. âIch bin eben jemand, der die Dinge anpackt!â Klingt gut, oder? â Doch oft ist es das Gegenteil. Es ist eine Flucht vor dem GefĂŒhl der Ăberforderung, die aber paradoxerweise zu noch mehr Stress fĂŒhrt.
8 Anzeichen fĂŒr PrĂ€krastination
- Funktionieren um jeden Preis. Du erledigst jede Menge unwichtigen Kleinkram, weil du Angst hast, es ansonsten sofort zu vergessen und dann einen Fehler zu machen.
- Notifications und Push-Nachrichten treiben dich in den Wahnsinn. Jede Nachricht (z. B. eine E-Mail) wird sofort beantwortet, selbst wenn du gerade mitten in einer wichtigen, konzentrierten Aufgabe steckst.
- Du bist im Autopilot unterwegs. Du stĂŒrzt dich auf Aufgaben, ohne dir vorher eine Minute Zeit zu nehmen, um zu planen, was eigentlich das Ziel ist. Hauptsache weg damit!
- Du bist busy, aber nicht produktiv. Dein Tag ist vollgestopft mit AktivitĂ€ten, aber am Abend fragst du dich frustriert: âWas habe ich heute eigentlich wirklich geschafft?â
- Deine Gedanken sind wie ein Ameisenhaufen. Du springst mitten in einer TĂ€tigkeit auf, weil dir ânoch schnell“ etwas einfĂ€llt.
- Du bist gefangen in einer Endlos-Schleife. Du hast das GefĂŒhl, dich erst entspannen zu dĂŒrfen, wenn alles erledigt ist (was nie passiert).
- Du ĂŒbernimmst ungefragt Aufgaben. Nur um das GefĂŒhl zu haben, etwas zu tun, bietest du an, Dinge zu erledigen, die gar nicht deine Verantwortung sind und dich von deinen eigentlichen PrioritĂ€ten ablenken.
- Alle denken, du seist super diszipliniert und fleiĂig. Aber insgeheim fĂŒhlst dich schuldig, weil du nichts liegen lassen kannst, obwohl es warten könnte.
Ich kenne dieses GefĂŒhl, dem eigenen Kopf nicht trauen zu können, selbst sehr gut. Die Angst, etwas Wichtiges zu vergessen, sodass sie mich zwingt, sofort loszurennen. Allerdings fĂŒhle ich mich dann auch atemlos, rastlos und gehetzt, weil eine Aufgabe die nĂ€chste jagt und ich irgendwann die Kontrolle verliere.
Dieses GefĂŒhl, sich nicht auf sich selbst verlassen zu können, ist zermĂŒrbend. Es nagt am Selbstvertrauen und hinterlĂ€sst dich mit dem leisen, fiesen Gedanken: âWarum können andere das und ich nicht?â

Ab wann wird PrÀkrastination zu einer Falle?
â Wenn es dich aus einer wichtigen, konzentrierten Arbeit reiĂt. Der Klassiker: Du schreibst an einem Konzept und beantwortest zwischendurch ânur mal schnellâ eine E-Mail.
â Wenn die Aufgabe in 5 Minuten an Wichtigkeit verliert. Du musst SOFORT auf eine Nachricht antworten, die in Wahrheit locker bis heute Abend warten kann.
â Wenn es dich davon abhĂ€lt, das groĂe Ganze zu sehen. Du erledigst lauter Kleinkram, anstatt an dem einen Projekt zu arbeiten, das dich wirklich voranbringt.
â Wenn es zu Fehlern fĂŒhrt, weil du ĂŒberhastet handelst. Schnell die Ăberweisung tĂ€tigen und dabei einen Zahlendreher einbauen.
Das Ergebnis ist nicht ProduktivitĂ€t, sondern ein GefĂŒhl von permanenter Atemlosigkeit, mentaler Erschöpfung und dem frustrierenden Eindruck, den ganzen Tag beschĂ€ftigt gewesen zu sein, ohne wirklich etwas geschafft zu haben.
đĄ Hinweis: Es gibt eine sehr starke Ăberschneidung zwischen PrĂ€krastination und ADHS. Das hĂ€ngt mit bestimmten Kernmerkmalen zusammen, wie z. B. ein gestörtes ArbeitsgedĂ€chtnis oder Herausforderungen mit exekutiven Funktionen. Beachte bitte, dass dieser Artikel lediglich zu Informationszwecken dient. FĂŒr medizinische Beratung oder eine Diagnose solltest du dich an eine medizinische Fachkraft wenden. PrĂ€krastination kommt aber natĂŒrlich auch bei Menschen ohne ADHS vor.
Dein Notfallplan, um den Autopiloten zu stoppen
Die gute Nachricht ist: Du kannst die ReiĂleine ziehen. Der erste und wichtigste Schritt ist bereits getan, wenn du beim Lesen merkst: âHey, das bin ja ich!â Dieses Bewusstsein ist pures Gold.
Wenn du das nĂ€chste Mal diesen inneren Drang verspĂŒrst, alles sofort erledigen zu mĂŒssen, probiere diese Schritte:
- Innehalten. Atmen. Anerkennen.
Der Autopilot ist mĂ€chtig. Aber du bist mĂ€chtiger. In dem Moment, in dem du merkst, was du da gerade tust â nĂ€mlich von deinem ursprĂŒnglichen Plan abweichst â halte fĂŒr 10 Sekunden inne. Atme tief durch. Sag dir innerlich: âAh, da ist er wieder, der Drang. Interessant.â Du musst ihn nicht bekĂ€mpfen. Nimm ihn nur wahr. Damit hast du ihm schon die erste Macht entzogen. - Die Wirklich-Wichtig-Frage stellen.
Frage dich ganz ehrlich: âIst das wirklich und genau jetzt wichtig?â Oft lautet die Antwort âNeinâ. Wir verwechseln âdringendâ mit âwichtigâ. Eine verlorene Retoure fĂŒhlt sich dringend an, aber die Welt geht nicht unter, wenn du das Formular in zwei Stunden ausfĂŒllst. - Parke den Gedanken â aber sicher!
Deine Angst, etwas zu vergessen, ist berechtigt. Also gib ihr, was sie braucht: Sicherheit. Anstatt sofort loszurennen, schreibe die Aufgabe auf. Ob in dein Bullet Journal, eine Notiz-App oder als terminierte Erinnerung im Smartphone. Sobald der Gedanke sicher âgeparktâ ist, kann dein Gehirn loslassen. Er ist ja nicht weg, nur fĂŒr spĂ€ter geplant. - Die Delegations-Frage: Muss ICH das wirklich tun?
Gerade wir Frauen neigen dazu, alles selbst machen zu wollen. Frage dich: âMuss ich das selbst erledigen oder kann es jemand anderes tun?â Das gilt im Business genauso wie im Privaten. - Schaffe dir heilige Fokus-Zeiten.
Setze dir feste Blöcke in deinem Kalender, in denen du ungestört an EINER Sache arbeitest. Keine Mails, kein Handy, keine Ablenkungen. Um in diesen tiefen Flow-Zustand zu kommen, kann dir Musik helfen, die speziell dafĂŒr entwickelt wurde. - Bonus-Tipp: Ein Tool wie Brain.fm bietet wissenschaftlich basierte Musik, die deine Gehirnwellen gezielt auf Konzentration polt. Das ist kein Esoterik-Kram, sondern funktionale Musik, die dir hilft, das Rauschen im AuĂen und Innen auszublenden. Mir hilft es seit Jahren hervorragend bei meiner Arbeit.
Fazit: Jede bewusste Entscheidung ist ein Sieg
Es ist absolut okay, wenn du dich manchmal von deinem Chaoskopf ĂŒberwĂ€ltigt fĂŒhlst! Das kennen so viele von uns und du bist nicht allein damit. Sei nicht zu streng mit dir.
đ Heute hast du bereits einen groĂen Schritt nach vorn gemacht, indem du dir dein Verhalten bewusst gemacht hast. Konzentriere dich weiter darauf, dir dein Verhalten immer wieder liebevoll bewusst zu machen. Jeder Moment, in dem du den Autopiloten bemerkst und bewusst eine andere Entscheidung triffst, ist ein echter Sieg.
đ Und wenn du mehr Strategien fĂŒr deinen Alltag als grĂŒbelnde, feinfĂŒhlige Macherin suchst, dann melde dich unbedingt fĂŒr unseren Still & Stark Newsletter an. Dort teile ich regelmĂ€Ăig meine persönlichsten Tipps und Gedanken mit dir.
FAQ: Der Quick-Guide zum Thema PrÀkrastination
Was genau ist PrÀkrastination eigentlich?
PrĂ€krastination ist der innere Drang, Aufgaben sofort erledigen zu mĂŒssen, um sie aus dem Kopf zu haben. Anders als bei der Prokrastination (dem Aufschieben) geht es hier nicht darum, eine unliebsame Aufgabe zu vermeiden, sondern darum, die mentale Last einer offenen To-Do-Liste so schnell wie möglich zu reduzieren â oft ĂŒberstĂŒrzt und ohne RĂŒcksicht auf echte PrioritĂ€ten.
Aber ist es nicht eigentlich gut und produktiv, Dinge schnell zu erledigen?
Das kann es sein, aber nur, wenn es eine bewusste Entscheidung ist! Bei der PrĂ€krastination ist es oft eine unbewusste, stressgetriebene Reaktion. Wenn du stĂ€ndig aus dem Impuls heraus handelst, verlierst du den Fokus auf das, was wirklich wichtig ist. Du bist dann zwar beschĂ€ftigt, aber nicht unbedingt produktiv. Das fĂŒhrt zu Fehlern, Stress und dem GefĂŒhl, am Ende des Tages trotzdem nichts geschafft zu haben.
Warum neige ich so sehr zu diesem Verhalten?
Oft steckt dahinter die Angst, etwas zu vergessen â ein GefĂŒhl, das gerade feinfĂŒhlige und grĂŒbelnde Menschen gut kennen. Du willst die Kontrolle behalten und den Gedanken an die Aufgabe schnell loswerden, weil offene “ mentale Tabs“ viel Energie kosten. Es ist also eine Art Selbstschutz-Strategie deines Gehirns, die aber leider nach hinten losgeht und zu noch mehr innerer Unruhe fĂŒhrt.
Was ist der allerwichtigste erste Schritt, um das zu Àndern?
Der wichtigste und mĂ€chtigste erste Schritt ist reines Bewusstsein. In dem Moment, in dem du diesen inneren Drang bemerkst (âAh, da ist er wieder, der Impuls, alles sofort machen zu mĂŒssen!â), hast du schon halb gewonnen. Allein dieses Bemerken schafft eine winzige Pause zwischen Reiz und Reaktion. In dieser Pause liegt deine Freiheit, dich bewusst anders zu entscheiden â zum Beispiel, die Aufgabe nur kurz aufzuschreiben, anstatt sofort loszurennen.
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