Stress gehört für die meisten von uns zum Alltag. Gerade unsere eher introvertierten und zurückhaltenden Kund:innen fühlen sich im Berufsalltag sehr schnell reizüberflutet und überstimuliert. Die Sehnsucht nach dem nächsten Wochenende beginnt bereits am Montag.
Und auch im Urlaub entspannen sich viele nicht mehr vollständig. Wir kennen diese Problematik selbst. Wenn wir im Urlaub sind, finden wir uns zum Beispiel häufig in einem der folgenden Szenarien wieder:
🚨 Szenario 1: Wir schaffen es trotz Urlaub nicht so richtig, uns zu erholen. Allein der Gedanke daran, wie viele E-Mails wohl bei unserer Rückkehr auf uns warten, löst Panik aus.
🚨 Szenario 2: Wir verbringen einen schönen Urlaub und kaum sind wir wieder zurück. Aber wenige Tage später fühlen uns bereits genauso gestresst wie vorher. Die Erholung ist schnell verflogen.
Vielleicht hast du dich hier selbst wiedererkannt. Wir haben die Psychologin Dr. Ulrike Bossmann zum Interview gebeten. Sie erklärt, wie wir besser abschalten, wieder neue Kraft tanken und gibt dabei konkrete Tipps und Übungen mit.
💣 Warum wir uns trotz Auszeit gestresst fühlen
😎 Wie unsere Freizeit erholsamer wird
🌴 Welche Übung sich wie Urlaub anfühlt, ohne dafür zu verreisen
Das Interview mit Dr. Ulrike Bossmann von soulsweet erschien zuerst in unserem Still & Stark Podcast. Zugunsten der Lesbarkeit erhältst du hier eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Anregungen. Du kannst dir das Interview in voller Länge hier kostenlos anhören.
Wie können wir uns im Urlaub besser erholen?
Gerade waren wir für 14 Tage im Urlaub und hatten eine richtig schöne Zeit in Dänemark. Wir waren beide sehr zufrieden damit, haben viel die Natur beobachtet – also Urlaub wie man ihn sich wünscht.
Und dann kam die Überraschung: Zwei, drei Wochen nach unserem Urlaub gab uns unsere Smartwatch die Meldung: „Es hat sich etwas an deiner Ruheherzfrequenz geändert.“
Wir dachten sofort, was ist denn jetzt los? Sind wir krank?
Es stellte sich raus, dass die Ruheherzfrequenz gestiegen war. Timon hatte im Urlaub eine Ruheherzfrequenz von 53 und nach dem Urlaub war diese in der Alltagshektik plötzlich wieder gestiegen.
Und wurde uns klar, was für einen fundamentalen Unterschied das macht, was der Körper im Urlaub empfindet und wie es dann wieder im Alltag ist. Da ist uns bewusst geworden, wie wichtig es ist, nicht nur im Urlaub entspannen zu können, sondern gesunde Gewohnheiten zu etablieren, die auch im normalen Alltagschaos für Entspannung sorgen.
Gibt es ein Rezept, wie man richtig Urlaub macht? Unsere Expertin sagt: ja, das gibt es.
Urlaub ist eine wunderbare Gelegenheit, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken. Doch wie macht man eigentlich „richtig“ Urlaub? Was sind die Faktoren, die dazu beitragen, dass man sich auch wirklich erholt?
👉 Erholung findet vor allem in der Natur statt.
Studien zeigen, dass sich bei Menschen, die in der Natur Urlaub machen, das Herz-Kreislauf-System stabilisiert und der Schlaf verbessert. Der Parasympathikus arbeitet vermehrt, was dazu führt, dass der Ruhepuls sinkt. Wer also im Urlaub in der Natur unterwegs ist, tut seinem Körper etwas Gutes.
Doch nicht nur die Natur ist wichtig für eine erfolgreiche Erholung im Urlaub. Es kommt auch darauf an, was man persönlich braucht. „Es ist wichtig zu gucken: Was brauche ich im Urlaub?“, sagt Ulrike Bossmann. „Ist es gerade wichtig, dass ich mich körperlich erhole? Ist es gerade wichtig, dass ich mich psychisch erhole? Brauche ich gerade beides?“ Je nachdem, was man braucht, kann der ideale Urlaub ganz unterschiedlich aussehen.
👉 Wir benötigen Kontraste zum Alltag:
Wer im Berufsalltag viel Zeit in geschlossenen Räumen verbringt, kann im Urlaub von der Natur profitieren. Wer hingegen im Alltag schon viel Zeit draußen verbringt, kann im Urlaub auch etwas anderes ausprobieren, zum Beispiel eine Stadt besichtigen oder sich kulturell weiterbilden.
Doch auch bei der Wahl des Urlaubsortes gibt es einiges zu beachten. Es ist wichtig, dass der Urlaubsort den eigenen Bedürfnissen entspricht. Wer mit Kindern reist, sollte darauf achten, dass es auch für sie genug zu tun gibt. Wer gerne aktiv ist, kann sich für ein Urlaubsziel entscheiden, das viele sportliche Aktivitäten bietet. Wer hingegen einfach nur entspannen möchte, kann sich für ein ruhiges und idyllisches Reiseziel entscheiden.
👉 Die richtige Planung des Urlaubs ist entscheidend:
Viele Menschen nutzen den Urlaub bis zum letzten Moment aus und kommen gestresst, übermüdet und mit Jetlag wieder zurück. Besser ist es, den Urlaub so zu planen, dass man auch noch Zeit hat, um sich von der Reise zu erholen, bevor es zurück in den Alltag geht.
Auch die Wahl des Urlaubsortes spielt hier eine Rolle. Es ist wichtig, dass der Urlaubsort den eigenen Bedürfnissen entspricht. Wer mit Kindern reist, sollte darauf achten, dass es auch für sie genug zu tun gibt. Wer gerne aktiv ist, sollte sich für ein Urlaubsziel entscheiden, das viele sportliche Aktivitäten bietet. Wer hingegen einfach nur entspannen möchte, sollte sich für ein ruhiges und idyllisches Reiseziel entscheiden.
Störfaktoren, die unserer Erholung im Weg stehen
In einer zunehmend vernetzten Welt ist es schwieriger denn je, im Urlaub wirklich abzuschalten und sich zu erholen. Diesen Störfaktoren sollten wir entgegenwirken:
👉 Störfaktor Nummer 1 ist unsere permanente Erreichbarkeit.
Viele Menschen haben das Gefühl, auch im Urlaub erreichbar sein zu müssen, sei es für den Job oder für private Angelegenheiten. Um wirklich abzuschalten, ist es wichtig, klare Regeln zu setzen und sich von digitalen Ablenkungen zu lösen. Das kann bedeuten, Social Media Apps vom Handy zu löschen, das E-Mail-Programm nicht zu nutzen oder den Laptop zu Hause zu lassen. Auch Absprachen mit Kollegen oder der Familie können dazu beitragen, dass man wirklich abschalten kann.
👉 Störfaktor Nummer 2 ist unsere innere Anspruchshaltung.
Wir haben oft das Gefühl, alles noch vor dem Urlaub erledigen zu müssen. Aber Arbeit hat kein organisches Ende. Das führt dazu, dass wir auch im Urlaub permanent an unseren Themen arbeiten und uns nicht wirklich erholen können. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass man nie alles erledigen wird und dass auch im Urlaub etwas vorkommen kann. Eine gelassene Haltung der Akzeptanz kann dazu beitragen, dass wir uns besser erholen.
👉 Störfaktor Nummer 3 ist FOMO, die Angst, etwas zu verpassen.
Mitunter haben das Gefühl, im Urlaub alles tun zu müssen, was wir schon immer tun wollten. Doch das führt dazu, dass der Urlaub genauso stressig wird wie der Alltag. Um wirklich abzuschalten, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass wir nicht alles machen müssen und dass es okay ist, auch mal nichts zu tun.
Wunsch vs. Realität: Wie wir Erwartungen an den Urlaub managen
👉 Ein weiterer wichtiger Punkt, den wir im Interview mit Dr. Ulirke Bossmann ansprechen, ist das Erwartungsmanagement. Es ist wichtig, dass wir nicht nur unsere eigenen Erwartungen an den Urlaub kennen, sondern auch mit unserem Umfeld kommunizieren, um sich abzustimmen, was die unterschiedlichen Vorstellungen sind. Besonders wichtig ist dies, wenn man mit Menschen unterschiedlicher Persönlichkeiten und Charaktermerkmale unterwegs ist: Wer Kinder hat, wird man in der Regel einen aktiveren Urlaub verbringen als alleine oder mit einem ruhigeren, introvertierten Partner unterwegs ist.
Bossmann betont, dass die Persönlichkeit und Verhaltensmuster eine Rolle spielen können, wenn es darum geht, wie man den Urlaub angeht. Wenn man beispielsweise aus einem Arbeitsumfeld kommt, in dem man permanent unter Stress und Hochleistungsdruck steht, kann man dazu neigen, auch im Urlaub alles maximieren zu wollen. Deshalb ist es wichtig, uns damit zu befassen, welche Verhaltensmuster wir haben und wo wir im Urlaub vielleicht auch ein bisschen locker lassen können.
👉 Ein wichtiger Schritt, um diese Muster zu durchbrechen, ist Bewusstheit. Wir sollten uns fragen, was wir im Urlaub wirklich braucht und was uns wichtig ist. Wenn wir beispielsweise im Alltag permanent Verantwortung tragen, kann es im Urlaub wichtig sein, auch mal abzuschalten und etwas weniger zu kontrollieren. Es geht darum, herauszufinden, wo man ein bisschen weniger machen kann, ohne gleich ins andere Extrem zu fallen. Bossmann vergleicht dies mit einem Radioknopf, den man einfach ein bisschen leiser drehen kann.
👉 Gute Kommunikation trägt zu mehr Entspannung bei. Oft entstehen Konflikte im Urlaub, weil man nicht klar kommuniziert, was man möchte oder was einem wichtig ist. Wenn beispielsweise jeder davon ausgeht, dass jemand anderes den Tisch abräumt, kann es schnell zu Unzufriedenheit kommen. Es ist wichtig, klar auszusprechen, was man erwartet und auch zu hinterfragen, ob diese Erwartungen realistisch sind und ob sie den Bedürfnissen aller Beteiligten entsprechen.
Methode: So verringerst du dein Stresslevel im Alltag
👉 Die meisten von uns haben nicht viel Urlaub. Maximal sechs Wochen im Jahr und uns allen ist klar: Das reicht nicht, um all den Stress auszubalancieren, den wir in der Zwischenzeit mit uns herumschleppen. Die Frage, die uns im Interview mit Ulrike sehr beschäftigt hat, ist: „Wie kann man das Gefühl von Erholung länger konservieren, um sich auch im Alltag entspannter zu fühlen?“
Ulrike Bossman rät uns, von dem Gedanken abzulassen, „ich setze alle meine Hoffnung in diesen Urlaub, dass der mich total erholt und ich danach ein neuer Mensch bin.“ Sondern stattdessen zu lernen, sich Mini-Urlaube im Alltag zu gönnen. Also Momente, die wir genießen können, auch ohne eine lange Reise zu unternehmen. Kleine Inseln von wenigen Stunden oder Minuten zu schaffen, die uns aufblühen lassen.
Dafür hat Ulrike Bossmann die sogenannte 5×5-Methode entwickelt. So funktioniert sie:
Notiere dir fünf Dinge, die du tun kannst, um Kraft zu tanken – und die dich maximal fünf Minuten Zeit kosten. Nutze sie im Alltag als Mini-Urlaube und plane sie täglich ein! So stellst du sicher, dass du dich nicht im hektischen Alltag selbst vergisst.
Neuere Forschungen zeigen, dass mehrere kurze Pausen viel besser sind, als eine besonders lange. Also probier es aus und beobachte, was sich bei dir verändert!
Deine nächsten Schritte
Den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung können wir bewusst in den Alltag integrieren. Es ist schön, wenn wir nicht jedes Mal sagen müssen: „Ich verschiebe das aufs Wochenende. Ich verschiebe Erholung auf den Urlaub.“ – Sondern zu lernen, dem Körper Entspannung zu vermitteln, sodass wir uns im Alltag nicht permanent am Anschlag befinden.
Nicht jede:r hat gerade den nächsten großen Urlaub vor der Tür. Aber Erholung und Entspannung sind auch mit kleinen Mitteln im Alltag möglich.
👉 Nimm dir ein paar Minuten Zeit und mache die 5×5 Übung. Teile gern in den Kommentaren, was du dir notiert hast.
👉 Schaue in deinen Kalender und identifiziere Zeitfenster, in die sich dein 5-Minuten-Urlaub täglich integrieren lässt.
👉 Lege dir für deinen 5-Minuten-Urlaub einen Termin an und lass dich daran erinnern. Häufig kommen wir selbst in unseren Kalendern gar nicht wirklich vor.
© Fotocredits Headerfoto: privat; Grafiken erstellt mit Adobe Express
Schlagwörter: Achtsamkeit / Alltag / Arbeit / Entspannung / Introversion / introvertiert / Job / mentale Gesundheit / Stress
Ich mache mal den Anfang mit meinen 5-Minuten-Urlauben:
1. Schreibtisch aufräumen und dabei ein paar Minuten Hörbuch hören
2. Tapping
3. Aus dem Fenster gucken und beobachten, welche Vögel gerade unterwegs sind
4. „Katze-Kuh“ Haltung
5. Eine „Wie-gehts-dir-gerade“-Textnachricht versenden
1. Mir ein leeres Büro suchen, die Tür zumachen und ein paar Minuten durchatmen. 2. Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung aufsetzen und klassische Musik hören. 3. Augen schließen und mir vorstellen, ich wäre am Meer und höre die Wellen rauschen. 4. Mich daran erinnern, was heute schon gut gelaufen ist. 5. Pläne fürs Wochenende schmieden.
Mir gefallen meine Ideen ganz gut. Es ist das erste Mal, dass ich so bewusst drüber nachgedacht habe.