Zusammen mit den Temperaturen geht alljährlich auch meine Stimmung in den Keller. Spätestens nach der Zeitumstellung im Oktober warte ich angstvoll auf das Eintreten des berüchtigten Winterblues. Ich fühle mich antriebslos, den ganzen Tag müde und jede Tätigkeit fühlt sich an wie ein Kampf gegen Windmühlen. Und damit bin ich nicht allein: Mehr als jede zweite Person in Deutschland hat den Winterblues, wie eine aktuelle Umfrage von Statista zeigt.¹ 

Fakt ist, dass Belastungen, die wir ignorieren, nicht einfach so weggehen. Es ist also eine gute Idee, die Signale, die dir dein Körper jetzt gibt, als ein Zeichen zu werten, dich vermehrt um deine Bedürfnisse zu kümmern.

Als ich festgestellt habe, dass mich der Winterblues jedes Jahr aufs Neue umhaut, habe ich angefangen, gemäß den aktuellen Empfehlungen zur Behandlung einer saisonaler affektiver Störung (SAD) meine Alltagsroutinen anzupassen.

👉 Ich werde im Folgenden meinen Anti-Winterblues-Aktionsplan mit dir teilen, damit du nicht mehr jeden Winter den schlechtesten Winter deines Lebens hast. – Bereit?

Die Kurzform

💡 Im Winter produziert unser Körper mehr Melatonin. Dies kann zu einem vermehrten Gefühl von Müdigkeit und Antriebslosigkeit führen.

💡 Ein Test hilft dir, herauszufinden, ob du von einer Winterdepression betroffen sein könntest.

💡 Viel Bewegung an der frischen Luft reduziert nachweislich Stress und hebt Serotoninspiegel.

💡 Viele Menschen leiden im Winter unter Vitamin-D3-Mangel. Es lohnt sich nach ärztlicher Absprache und einem entsprechenden Blutbild eine Supplementierung in Erwägung zu ziehen.

💡Durch eine gesunde Schlafhygiene kann gezielt die Schlafqualität im Winter verbessert werden.

💡Feste Strukturen und wohltuende Routinen sorgen für tägliche Erfolgserlebnisse und erhöhen die Produktivität.

💡Ausreichend soziale Kontakte zu pflegen ist wichtig für das innere Gleichgewicht. Auch Introvertierte können von Einsamkeit und sozialer Isolation betroffen sein.

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Warum fühlen wir uns im Winter so antriebslos?

Grund 1: Die Tage im Winter sind deutlich kürzer. Und hier gibt es große regionale Unterschiede: Eine Stadt in der Mitte Deutschlands, wie beispielsweise Kassel verzeichnet zur Sommersonnenwende am 21. Juni angenehme 16 Stunden und 37 Minuten Sonnenstunden. Am 21. Dezember zur Wintersonnenwende sind es dann nur noch schlappe 7 Stunden und 52 Minuten. In einer nördlicheren Stadt wie Lübeck, meine Heimat, sind die Tag sogar noch ein paar Minuten kürzer.

Grund 2: Unser Körper ist unmittelbar vom Sonnenlicht abhängig. Das Schlafhormon Melatonin beispielsweise ist ein Hormon, das aus dem Glückshormon Serotonin hergestellt wird. Wenn wir im Dunkeln sind, produziert unser Körper mehr Melatonin. Also produziert unser Körper im Winter davon jede Menge. Dies kann zu einem vermehrten Gefühl von Müdigkeit und Antriebslosigkeit führen. Wenn die Tage kurz sind, gibt es außerdem weniger Gelegenheiten, nach draußen zu gehen, wodurch sich die Symptome des Lichtmangels noch verstärken.

Woher weiß ich, ob ich vom Winterblues betroffen bin? – Der Schnelltest

Anhand der folgenden Fragen kannst du einen Test durchführen und herausfinden, ob du möglicherweise unter einer saisonal bedingten Störung (SAD) leidest:

❓ Habe ich den Eindruck, dass ich mich im Sommer deutlich besser gefühlt habe?
❓ Hatte ich in den vergangenen Jahren ähnliche Probleme?
❓ Habe ich in letzter Zeit zugenommen und dauerhaft Lust auf Süßigkeiten?
❓ Kann ich mich tagsüber schlecht konzentrieren und fühle mich unmotiviert?
❓ Treten die Symptome nur in den Herbst- und Wintermonaten auf?
❓ Könnte ich den ganzen Tag im Bett verbringen und schlafen?
❓ Leide ich seit über zwei Wochen unter einem Stimmungstief?
❓ Habe ich im Herbst und Winter das Gefühl, weniger leisten zu können?
❓ Ziehe ich mich vermehrt allein zurück und leide unter sozialer Isolation?
❓ Nehme ich eine verstärkte Reizbarkeit und innere Unruhe wahr?

Je mehr Fragen du mit Ja beantwortet hast, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass du betroffen bist.

Bitte bedenke dabei, dass ein kurzer Test niemals eine medizinische oder psychologische Untersuchung ersetzt, sondern lediglich einen ersten Anhaltspunkt bietet. Wenn du Hilfe in Anspruch nehmen möchtest, wendest du dich am besten an deine Hausarztpraxis oder den Bereitschaftsdienst der kassenärztlichen Vereinigungen. Die bundesweite Rufnummer lautet 116 117. ⚠️

Sind Introvertierte stärker vom Winterblues betroffen?

Als bewiesen gilt, dass Frauen stärker unter dem Winterblues leiden. Ob introvertierte und hochsensible Menschen (HSP) ebenfalls stärker betroffen sind, ist nicht eindeutig bewiesen. Es ist jedoch ratsam, individuelle Unterschiede zu berücksichtigen.

Während viele introvertierte und hochsensible Personen es lieben, kalte Abende mit einem guten Buch auf dem Sofa zu verbringen, spüren sie die Auswirkungen von Herbst und Winter oft deutlicher als andere. Man vermutet, dass Introvertierte, die in der Winterzeit vermehrt Zeit allein verbringen und sich zurückziehen, stärker unter sozialer Isolation leiden. Dies kann die Symptome des Winterblues verstärken.

Wege aus dem Stimmungstief: Diese Verhaltenstipps tun jeden Winter gut

Tipp 1: Viel Bewegung und Aktivitäten im Freien

Zugegeben, das Wetter ist nicht wirklich einladend. Ich muss mich oft dazu überwinden, vor die Tür zu gehen. Aber selbst der graue Wolkenschleier ist immer noch besser fürs Gemüt als gar kein Tageslicht. Bewegung baut angestauten Stress ab und hebt den Serotoninspiegel an. Und das sogar schon nach kurzer Zeit, etwa 20 Minuten. Es gibt sogar Studien, die nahelegen, dass Sport in einigen Fällen sogar wirksamer als Antidepressiva sein kann.

Doch einfach nur aktiv zu sein, weil es gesund ist, ist keine ausreichende Motivation. Das habe ich schon oft genug an mir festgestellt. Deshalb möchte ich an dieser Stelle unbedingt betonen, wie wichtig es ist, dass du deine persönliche Motivation für Bewegung findest:

An welcher Art von Bewegung hast du Freude?
Machst du gern ausgedehnte Spaziergänge in der Natur?
Wohnt in deiner Nähe eine Person, die Lust hat, etwas gemeinsam zu machen?

Ohne Freude an der Sache ist es schwer, dauerhaft dranzubleiben und den vollen Nutzen zu genießen.

Tipp 2: Vitamin D supplementieren

Vitamin D hat einen großen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. Es spielt eine Rolle für die Knochengesundheit, das Zellwachstum, den Blutdruck, die Immunfunktion und die Verringerung von Entzündungen – und: unsere persönliche Leistungsfähigkeit. Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel erhöht die Antriebslosigkeit und verlängert die Zeit, die der Körper benötigt, um zu regenerieren.

Vitamin D3 ist eigentlich kein Vitamin, sondern die Vorstufe eines Hormons. Da die Sonnenstunden im Winter wenige sind und wir einen Großteil unserer Zeit in tageslichtarmen Innenräumen verbringen, können viele Menschen über die Haut nicht ausreichend Vitamin D3 produzieren. Wir empfehlen, eine Vitamin D-Supplementierung mit ärztlich abklären zu lassen und vorher an Blutbild zu machen.

Die Laborkosten für Ermittlung des Vitamin-D-Status bewegen sich im Regelfall zwischen 20 und 30 EUR. Vitamin D gibt es mittlerweile günstig in Drogerien zu kaufen, im besten Fall sogar in Kombination mit Vitamin K2.

Tipp 3: Auf eine gesunde Schlafhygiene achten

Besonders im Winter ist dein Körper dir dankbar für eine gute Schlafhygiene. Ein paar Tage kann unser Körper ein Schlafdefizit verkraften und an einem anderen Tag wieder ausgleichen, doch danach wirst du Auswirkungen auf deine Gesundheit spüren. Dein Körper wird zum Beispiel anfälliger für Erkältungen. Hier ein paar wirksame Tipps, wie du deine Schlafqualität verbessern kannst:

Für einen gesunden Schlaf wird ein möglichst dunkler Raum empfohlen. Du kannst deine innere Uhr auch unterstützen, indem du möglichst jeden Tag zur selben Zeit schlafen gehst und aufstehst.

Ab 15 Uhr solltest du im Idealfall keine koffeinhaltigen Getränke mehr zu dir nehmen. In meinem Fall heißt das: Bye-bye Espresso und Grüntee – dafür hallo zu gekühltem Orangensaft.

Außerdem achte ich darauf, mindestens 2 Stunden vor dem Schlafengehen nicht mehr zu trainieren, damit ich nicht zu aufgedreht bin. Und mobile Geräte verbanne ich ebenfalls aus dem Schlafzimmer. Am besten komme ich mit einem Buch zur Ruhe und werde dabei von ganz allein müde.

Wenn du besonders stark mit dem Wintertief zu kämpfen hast, lohnt es sich, für eine Weile den Konsum von Alkohol einzustellen. Alkohol bringt unsere Gehirnchemie durcheinander, indem er die beruhigenden Gamma-Aminobuttersäure-Rezeptoren (kurz GABA) aktiviert und Glutamat-Rezeptoren hemmt. Dadurch schlafen wir zwar leichter ein. Allerdings stört Alkohol die Schlafphasen, dadurch schläft man unruhiger und wacht nachts häufiger auf.

Und zu guter Letzt noch ein Tipp: Wenn du morgens kaum hochkommst, lohnt sich möglicherweise ein Tageslichtwecker für dich. Tageslichtlampen simulieren den Sonnenlichteffekt und können in Form eines Weckers das Wachwerden fördern und die Stimmung heben.

Tipp 4: Achtsam die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen

Im Winter summieren sich die Tage, an denen man gefühlt überhaupt nichts geschafft hat. Erholt und entspannt ist man aber trotzdem nicht, sondern gestresst und enttäuscht von sich selbst.

Timon und ich bemühen uns ganz bewusst, nicht dieselben Erwartungen an unsere Leistungsfähigkeit zu stellen wie sonst. Wir können Projekte nicht so schnell bearbeiten wie sonst und das planen wir mit ein. Wenn du mit Kund:innen oder Vorgesetzten Absprachen triffst, ist es gut, dies im Hinterkopf zu behalten. Plane mehr Zeit für Aufgaben ein, um dich nicht zusätzlich unter Druck zu setzen.

Es lohnt sich, offen mit der Tatsache umzugehen, dass es ganz normal ist, von einem Wintertief betroffen zu sein. Sei dir sicher, dass die meisten das absolut nachvollziehen können!

Schlechte Tage sind keine verlorenen Tage. Etabliere feste Strukturen, die dich darin unterstützen täglich kleine Erfolge einzufahren. Das könnte zum Beispiel eine Morgenroutine sein. Meine sieht so aus: Aufstehen, Bett machen, Zähne putzen, mich 2-3 Minuten dehnen, bei den Frühstücksvorbereitungen ein Hörbuch hören, frühstücken, dann den Tag im Journal vorplanen und mich dabei fragen „wie geht es mir heute?“.

All diese kleinen Aktivitäten wirken für sich allein betrachtet eher banal, nicht wahr? Doch in Summe sorgt diese feste Abfolge dafür, dass ich mich wach, friedlich und gelassen fühle. Ich nehme meine Bedürfnisse ernst und helfe meinem Körper, ohne Hektik in den Tag zu kommen. Ich verhandele nicht mit mir, ich mache es einfach jeden Tag auf die gleiche Weise.

Eine Morgenroutine muss nicht kompliziert und choreographiert sein. Du orientierst dich dabei nicht an anderen, sondern schaust auf dich selbst: „Was brauche ich, um gut in den Tag zu kommen?“

Tipp 5: Auf wohltuende soziale Kontakte achten

Im Herbst und Winter würden sich viele am liebsten wie ein Eichhörnchen in eine dunkle, warme Höhle verkriechen. Ich bin introvertiert und mit Wärmflasche, Lebkuchen und einem Stapel Bücher im Bett zu sitzen, ist mein Traum.

Aber auch Introvertierte kennen Einsamkeit. Immer mehr Menschen leben allein und so wird es gerade in der dunkleren Jahreszeit schwer, sich mit anderen verbunden zu fühlen.

Um sozialer Isolation vorzubeugen, ist es wichtig, sich auf wohltuende Kontakte und tiefgründige Gespräche zu konzentrieren. Zum Beispiel bei einem gemütlichen Essen oder einem ausgedehnten Spaziergang. Manchmal reicht es sogar schon, eine Nachricht mit einem kurzen „wie geht’s?“ zu versenden, um sich wieder zugehörig zu fühlen. Und natürlich gilt: Qualität vor Quantität.

Herbstblues Sprüche: In einem guten Wort steckt Wärme für drei Winter. - Mongolisches Sprichwort. Hast du Probleme mit Winterblues? Hier findest du kraftvolle Strategien, um das Stimmungstief zu überwinden.

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Quellen:

https://de.statista.com/infografik/20666/symptome-bei-winterblues

Winterblues vorbeugen: 5 Tipps

  1. Erwartungen reduzieren

    Mach dir bewusst, dass es okay ist, nicht dieselbe Leistungsfähigkeit zu haben wie im Sommer und mache langsamer.

  2. Aktivitäten im Freien

    Zum Beispiel Spaziergänge an der frischen Luft. Zugegeben, das Wetter ist nicht wirklich einladend. Aber selbst der graue Wolkenschleier ist immer noch besser als gar kein Tageslicht.

  3. Schlaf

    Wenn die Tage besonders dunkel und kurz sind, produziert unser Körper mehr Melatonin. Da ist es völlig normal, einen anderen Rhythmus und andere Bedürfnisse zu haben. Es kann sich auch lohnen, einen Lichtwecker auszuprobieren.

  4. Vitamin D

    Vitamin D hat einen großen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. Es spielt eine Rolle für die Knochengesundheit, das Zellwachstum, den Blutdruck, die Immunfunktion und die Verringerung von Entzündungen – und: unsere persönlichen Leistungsfähigkeit. Wir nehmen es deshalb von September bis März ein.

  5. Soziale Kontakte stärken

    Ein gemütliches Essen oder ein langer Spaziergang mit Familie und Freund:innen ist eines der besten Rezepte gegen den Winterblues.

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