„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ „Das Leben ist kein Ponyhof.“ „Wer rastet, der rostet!“ – Kommen dir diese Gedanken irgendwie bekannt vor? Solche Gedanken sind oft Anzeichen für innere Antreiber. Sprichwörter wie diese sind so leicht daher gesagt und klingen irgendwie ganz witzig. Doch sie offenbaren häufig Denkmuster, die wir über Jahre hinweg verinnerlicht haben und nicht weiter hinterfragen. Wenn wir beispielsweise unbewusst glauben, dass wir uns immer anstrengen müssen und dass das Leben immer schwer ist, kann das eine Menge Stress verursachen.
👉 Jetzt fragst du dich zu Recht: Wie schaffe ich es denn, mich ein bisschen weniger stressen davon zu lassen? Eine Möglichkeit wäre: Du lernst diese sogenannten inneren Antreiber erstmal kennen. Wir versorgen dich, mit allem, was du über deine inneren Antreiber wissen musst – und wie du sie zu deiner Stärke machen kannst.
😌 Wie du die Kraft unserer inneren Muster erkennst und richtig nutzt
💡 Wie innere Antreiber Stress auslösen, aber auch Stärken offenbaren können
⚖️ Wie wir ausgeglichener mit uns umgehen und Stress reduzieren
Was sind innere Antreiber?
Der US-amerikanische Psychologe Taibi Kahler fand in den 1970er Jahren heraus, dass Menschen bestimmte Verhaltensgewohnheiten viel häufiger einsetzen als andere und sich unbewusst von ihnen leiten lassen¹. Daraus entwickelte er das Konzept der inneren Antreiber, das wiederum auf den Ideen der Transaktionsanalyse nach Eric Berne beruht.
Innere Antreiber können wir uns vorstellen wie fünf innere Befehle, die unser Handeln stark beeinflussen und unbewusst Stress auslösen können.
Das sind die fünf inneren Antreiber nach Kahler:
- Sei stark!
- Sei perfekt!
- Mach es allen recht!
- Mach schnell!
- Streng Dich an!
Nach Kahler besitzt jeder Mensch alle Antreiber. Meistens sind aber ein oder zwei von ihnen besonders stark ausgeprägt. In herausfordernden Situationen zeigt sich unser primärer Antreiber besonders gerne und sorgt dann gerne noch für zusätzlichen Stress.
Innere Antreiber Test
💡 Mit diesem Fragebogen kannst du schnell herausfinden, welcher der fünf inneren Antreiber bei dir besonders stark ausgeprägt ist. Wenn du dein Ergebnis erhalten hast, kehre wieder hierher zurück, um zu erfahren, wie du deinen inneren Antreiber ausgleichen kannst!
Sind innere Antreiber Segen oder Fluch?
Die Gefahr von inneren Antreibern ist, dass wir nicht das Gefühl haben, eine Wahl zu haben. Wir fühlen uns dazu gezwungen, uns nach diesem inneren Befehl zu richten. So kann das übertriebene Ausleben einer eigentlich guten Eigenschaft zu einem Energieräuber werden.
Erst, wenn wir das Gefühl haben, wählen zu können, werden uns unsere inneren Antreiber richtig unterstützen können. Wir können dann zum Beispiel stark sein, wenn wir es wollen – und nicht weil wir denken, dass wir keine andere Alternative haben!
👉 Merke: Unsere inneren Antreiber sind nicht per se schlecht. Denn sie geben uns die Antwort auf eine wichtige Frage, die uns bereits seit unserer Kindheit unbewusst beschäftigt:
❓ „Was kann ich tun, um zu genügen und gemocht zu werden?“
Als Antwort auf diese Frage hat jede:r von uns bestimmte Antreiber entwickelt. Sie möchten uns Sicherheit, Wertschätzung, Zuneigung und Erfolg sichern. Unsere Psyche hat diese Antreiber entwickelt, um das Gefühl des Nicht-gut-genug-Seins zu vermeiden. Diese Tatsache ist wichtig, denn sie zeigt uns, dass es keinen Sinn ergibt, wütend auf uns selbst zu sein, wenn wir uns nicht in jeder Situation angemessen verhalten. Unsere Psyche möchte uns vor Schmerz und Schaden beschützen.
Wenn wir unseren Antreibern allerdings erlauben, ungebremst unser Verhalten zu kontrollieren, verursachen sie eine Menge Leid und Stress. Sie vermitteln uns dann das Gefühl:
❌ „Ich bin nur dann in Ordnung, wenn ich Erwartungen erfülle!“
Innere Antreiber verstehen und ausgleichen
Schauen wir uns die fünf inneren Antreiber ein wenig genauer an. Für jeden von ihnen findest du im Folgenden einen Steckbrief und Beispiele, wie sich in der Praxis zeigen könnten. Vielleicht erkennst du bereits beim Lesen bestimmter Aussagen, welcher dieser Antreiber besonders nach dir klingt.
1. „Sei stark!“
💬 Menschen mit diesem Antreiber sagen Sätze wie:
„Wenn ich es nicht mache, macht es niemand.“
„Nur die Harten kommen in den Garten.“
„Wie es mir geht, geht niemanden etwas an.“
„Wer sich auf andere verlässt, ist verlassen.“
🚀 Potentiale:
+ Tatkraft
+ gutes Durchhaltevermögen
⚠️ Gefahren:
– löst Dinge gern im Alleingang
– kann anderen gegenüber misstrauisch sein
– lässt ungern Gefühle zu
💡 Beispiel:
Du leitest ein Projekt und irgendwie läuft gefühlt nichts nach Plan. Der Satz „Wenn ich es nicht mache, macht es niemand“ hallt in deinem Kopf wider. Jetzt hast du mehrere Möglichkeiten: Du kannst deinem Antreiber nachgeben und nach Feierabend länger bleiben. Du versuchst, die Brände selbst zu löschen. Doch je öfter du es machst, desto mehr bleibt an dir hängen und du fühlst dich völlig entkräftet. Eine andere Option wäre es, dich mehr mit den Kompetenzen deiner Teammitglieder zu befassen und bestimmte Aufgaben zu delegieren statt dich zu isolieren. Du erinnerst dich daran, dass dadurch nicht nur ein besseres Arbeitsklima entsteht, sondern auch ein stärkerer Zusammenhalt im Team.
⚖️ Positive Gedanken, die diesen Antreiber ausgleichen:
„Ich darf Gefühle zeigen.“
„Ich darf um Hilfe bitten.“
„Meine Wünsche sind wichtig.“
2. „Sei perfekt!“
💬 Menschen mit diesem Antreiber sagen Sätze wie:
„Es gibt immer Raum für Verbesserungen.“
„Ich muss alles unter Kontrolle haben.“
„Das Bessere ist der Feind des Guten.“
„Übung macht den Meister.“
🚀 Potentiale:
+ Liebe zum Detail
+ genaues Arbeiten
⚠️ Gefahren:
– verzettelt sich in Nebensächlichkeiten
– arbeitet langsam
– stellt zu hohe Ansprüche an sich und andere
💡 Beispiel:
Du arbeitest an einer Präsentation, die du morgen halten wirst. Dein innerer Antreiber „Sei perfekt!“ setzt dich unter Druck, jede Zahl und jedes Wort genauestens zu überprüfen und in letzter Minute noch einmal das komplette Design zu überdenken. Doch das führt zu einem langen, stressigen Abend, der dir richtig Kraft raubt, statt dir die notwendige Erholung vor deiner Präsentation zu schenken. Statt dem Perfektionismus nachzugeben, könntest du definieren, was die wichtigsten Aspekte deiner Präsentation sind. Welche Botschaft möchtest du vermitteln? Vielleicht erlaubst du dir stattdessen, dich auf deine Kernbotschaft zu konzentrieren statt auf Nebensächlichkeiten. Du machst dir bewusst, dass es wichtiger ist, dass alle im Raum dir folgen können und die wichtigsten Punkte in Erinnerung behalten werden statt perfekte Folien zu gestalten. So nutzt Du die Stärke deines Antreibers für hohe Qualität und eine passgenaue Kommunikation, ohne dich selbst zu überfordern.
⚖️ Positive Gedanken, die diesen Antreiber ausgleichen:
„Ich darf Fehler machen.“
„Ich unterscheide zwischen wichtig und unwichtig.“
„Mein Bestes ist gut genug.“
3. „Mach es allen recht!“
💬 Menschen mit diesem Antreiber sagen Sätze wie:
„Ich will niemanden enttäuschen.“
„Ich kann nicht nein sagen.“
„Eigenlob stinkt.“
„Konflikten gehe ich lieber aus dem Weg.“
🚀 Potentiale:
+ viel Empathie für andere
+ eine Bereicherung für jedes Team
⚠️ Gefahren:
– kann nicht gut mit Kritik umgehen
– kümmert sich zu viel um die Meinung anderer und manchmal zu wenig um die eigenen Bedürfnisse
💡 Beispiel:
Du bist auf einer Familienfeier und jeder hat eine andere Vorstellung davon, was unternommen werden soll. Aber dein Antreiber „Mach es allen recht!“ drängt dich, Kompromisse zu finden, die alle glücklich machen, was dich jedoch zunehmend überfordert. Statt dich aufzureiben, um es jedem recht zu machen, könntest du selbst eine Aktivität vorschlagen, an der du auch Freude hast. Du erkennst, dass es unmöglich ist, alle Wünsche zu erfüllen, und ermutigst andere, ihre Ideen einzubringen, indem Du sagst: „Ich finde es wichtig, dass jeder etwas vorschlägt, damit wir gemeinsam entscheiden können.“ So förderst du eine Atmosphäre, in der jeder gehört wird, und du dich nicht selbst verlierst.
⚖️ Positive Gedanken, die diesen Antreiber ausgleichen:
„Meine Bedürfnisse sind auch wichtig.“
„Ich darf Nein sagen.“
„Ich bin okay, auch wenn mich jemand zurückweist.“
4. „Mach schnell!“
💬 Menschen mit diesem Antreiber sagen Sätze wie:
„Zeit ist Geld.“
„Ich muss nur noch schnell was erledigen.“
„Ich will hier nicht alt werden!“
„Wer rastet, der rostet.“
🚀 Potentiale:
+ arbeitet effizient
+ ist sehr entscheidungsfreudig
⚠️ Gefahren:
– Angst, etwas zu verpassen (FOMO)
– hört manchmal nicht genau zu und handelt überstürzt
💡 Beispiel:
Eine Kundin von dir fragt zwei Tage vor deinem Urlaub an, ob du noch „ganz kurz“ einige Änderungen für sie erledigen kannst. Sofort meldet sich dein Antreiber „Mach schnell!“ und würdest am liebsten sofort alles stehen und liegen zu lassen, um die Aufgabe zu erledigen und dich nicht nach deinem Urlaub darum kümmern zu müssen. Statt dich kopflos in die Arbeit zu stürzen, könntest du aber auch kurz innehalten. Du bittest die Kundin, dir erst einmal mehr Kontext zum Umfang und der Priorität dieser Änderungen zu geben. So kannst du abschätzen, wie viel Zeit du realistischerweise einplanen musst und kannst klar kommunizieren. Dadurch managst du die Erwartungen und bleibst verbindlich statt Dinge zu versprechen, die du evtl. nicht einhalten kannst.
⚖️ Positive Gedanken, die diesen Antreiber ausgleichen:
„Ich darf Pausen machen.“
„Ich darf mir Zeit nehmen.“
„In der Ruhe liegt die Kraft.“
5. „Streng dich an!“
💬 Menschen mit diesem Antreiber sagen Sätze wie:
„Ich muss mich nur genug anstrengen.“
„Ohne Fleiß kein Preis!“
„Das Leben ist kein Ponyhof.“
„Was man anfängt, das bringt man auch zuende.“
🚀 Potentiale:
+ ist begeisterungsfähig
+ engagiert und kreativ
⚠️ Gefahren:
– oft überfordert
– schnell frustriert
– geht oft über die eigenen Grenzen hinaus
💡 Beispiel:
Du hast dir vorgenommen, gesünder zu leben und beginnst gerade mit einem neuen Fitnessprogramm. Der Antreiber „Streng dich an!“ lässt dich glauben, dass du nur Fortschritte machst, wenn du dich in jeder Trainingseinheit bis an die Belastungsgrenze bringst. Nach zwei Wochen merkst du, dass du keine Kraft und auch keine Lust zum Weitermachen mehr hast. Du empfindest deine Trainingserfolge als zu gering für diesen mühevollen Aufwand und du verlierst die Freude an der Bewegung. Statt komplett aufzugeben könntest du dir vornehmen, sanftere Trainingseinheiten zu integrieren und bewusst auf deinen Körper zu hören. Du nimmst Dir Zeit, um herauszufinden, welche Art von Bewegung dir Freude bereitet und zu nachhaltiger Gesundheit führt, anstatt dich ständig zu überfordern.
⚖️ Positive Gedanken, die diesen Antreiber ausgleichen:
„Es darf leicht gehen.“
„Ich darf auch mal loslassen.“
„Ich darf Spaß an meinen Aufgaben haben.“
Schau dir die fünf verschiedenen inneren Antreiber an und überlege dir, welcher besonders auf dich zutrifft. Hier ein paar Reflexionsfragen, die dir helfen, in dein Gleichgewicht zurückzufinden:
Welche Situationen fallen dir ein, die besonderen Stress bei dir auslösen?
Welche Möglichkeiten hast du, dir in der jeweiligen Situation die Erlaubnis zu erteilen, dem inneren Befehl bewusst einmal bewusst nicht zu folgen?
Fallen dir alternative Verhaltensweisen ein? Welche sind das?
Notiere dir deine Antworten am besten schriftlich, damit sie sich besser in deinem Bewusstsein verankern.
Mache deine inneren Antreiber zu einer Stärke!
Deine inneren Antreiber zu kennen und sie bewusst wahrzunehmen, wenn sie zu Tage treten, ist bereits ein wichtiger Schritt zu mehr Selbstbewusstsein und innerer Stärke. Deine inneren Antreiber – diese kleinen, anspruchsvollen Stimmen, die dich zu Höchstleistungen anspornen – wollen dir nicht schaden, ganz im Gegenteil.
Beginne jeden Tag mit der bewussten Entscheidung, deine inneren Antreiber als Verbündete zu sehen. Nutze ihre Energie, um dir klarzumachen, was dir wirklich wichtig ist und setze dir gezielt erreichbare Ziele. Du darfst selbst wählen, welche Ansprüche du erfüllen möchtest und welche du loslässt.
Gib dir die Erlaubnis, Pausen einzulegen, denn Erholung ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein strategischer Schritt zur Erhaltung deiner Energie. Feiere deine Erfolge, egal wie klein sie sind, und nutze Misserfolge als Lernchancen. So verwandelst du den Druck in Antrieb und machst aus deinen inneren Antreibern eine Quelle der Motivation und Stärke, die dich unterstützt, statt dich zu überwältigen.
Literaturangaben
¹ The Miniscript, Taibi Kahler, Ph.D, Hedges Capers, DivM., LHD. First Published January 1, 1974; https://doi.org/10.1177/036215377400400110
Schlagwörter: Arbeit / Job / mentale Gesundheit / Persönlichkeit / Psyche / Psychologie / Selbstmanagement / Stress
Guten Morgen,
Oh hat das gut getan, diesen newsletter zu lesen! Ich fühle mich wieder befreiter!!
Ich habe mehrere Ausbildungen/workshops in Körpertherapie und vergesse manchmal all die guten Infos, die ich bekam. Vorallem finde ich die positiven Affirmationen so hilfreich. Und der Artikel ist sehr wertschätzend, empathatisch geschrieben.
Herzlichen Dank!
Hallo Monica, das ist aber ein schönes Feedback, danke! Mir geht es auch ganz oft so. Der Kopf weiß eigentlich so viel, aber die kleinen Erinnerungen zwischendurch braucht es immer wieder. Neulich machte mir eine Freundin klar, dass ich mir mal an die eigene Nase fassen sollte, indem sie mir meine eigenen Tipps empfahl. 😅
Liebe Melina,
das war eine sehr interessante Folge, bei der ich mich durchaus wiedererkannt habe. Der Transaktionsanalyse bin ich zwar schon begegnet, den inneren Antreibern aber nicht so direkt und jetzt bin ich neugierig geworden bzw. möchte an meinen etwas arbeiten. Vielen Dank also für diese Anregung!
Gern würde ich den Test dazu machen, aber mir scheint, dass da der falsche Link hinterlegt ist, ich lande immer bei dem Buch “Einmal ok, immer ok”. Vielleicht schaut ihr euch das nochmal an? Ich würde mich sehr über den Link freuen.
Liebe Grüße
Sibylle
Gut, dass dir das aufgefallen ist, Dankeschön! 🙏 Ich habe den Fehler behoben. Liebe Grüße und einen schönen Dienstag, Melina
Vielen Dank, jetzt habe ich den Test auch endlich gemacht und bin teilweise überrascht worden. Ein richtig gutes Tool, um sich die eigenen Antreiber anzuschauen. Danke, dass ihr das Thema behandelt habt!
Gerne! Magst du verraten, was bei dir rauskam?
Liebes Team!
Ich bin bisher stiller Mitleser gewesen und habe erstmals den Podcast gehört, weil mich das Thema so interessiert hat.
Mit diesem Kommentar möchte ich euch nur meine Wertschätzung mitteilen!
Wie Schuppen von den Augen..! Wie lange ich immer nach den „erst die Arbeit..“ gelebt habe, es ist immer bei ersterem geblieben..
Auch toll, die Beleuchtung des Themas, dass man ja auch Positives mitnehmen kann aus den Antreibern..
Top und weiter so!
Eure Ina
Ein wirklich inspirierender Artikel! Besonders die Erkenntnis, dass unsere inneren Antreiber nicht per se negativ sind, sondern uns bei bewusster Auseinandersetzung unterstützen können, hat mich sehr angesprochen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie leicht man sich von inneren „Antreibern“ wie „Streng dich an!“ unter Druck setzen lässt. In meinem Beruf als Gärtner habe ich oft das Gefühl, alles perfekt erledigen zu müssen, um den Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden. Doch es hat mir geholfen, bewusst zu reflektieren und mir zu erlauben, dass es auch in Ordnung ist, mal loszulassen und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. Das Wissen um diese inneren Mechanismen gibt mir die Freiheit, gezielter damit umzugehen und dadurch Stress zu reduzieren.