Kennst du das Gefühl, wenn dein Kopf einfach nicht zur Ruhe kommt? Wenn ein winziger Auslöser eine ganze Lawine an Grübelei und Gedankenchaos lostritt? Ich kenne dieses Gefühl selbst ganz gut. Zum Beispiel, wenn…

🫂 … ich eigentlich arbeiten will, aber meine Gedanken so sehr nerven, dass ich Konzentration nicht mal mehr buchstabieren kann.

🫂 … ich abends todmüde ins Bett kippe, aber mein Affenhirn noch auf Hochtouren weiterläuft und mich nicht einschlafen lässt.

🫂 … ich mich nach einer Unterhaltung in Dauerschleife frage: „Hab ich was Falsches gesagt?“, obwohl es objektiv gar keine Anzeichen dafür gibt.

Von einem solchen Gedankenkarussell kann einem ganz schön schwindelig werden. Außerdem ist es unglaublich kräftezehrend und kann Ängste auslösen. Aber du bist damit nicht allein. Und die gute Nachricht ist: Du kannst lernen, die Kontrolle zurückzugewinnen und anders mit deinem Grübelkopf umzugehen.

Zu viel nachdenken verursacht Grübelkeit.
In diesem Artikel erfährst du:

🚨 Warum es keine Lösung ist, Grübeln einfach unterdrücken
💡 Wie ein Grübel-Protokoll dir hilft, die Ursache für deine Gedankenkreise zu finden
🛠️ Welche Werkzeuge das Grübeln lindern und beenden können

Grübeln bekämpfen? Was ich falsch gemacht habe:

Viele Jahre war mein erster Impuls bei Grübelattaken: „Hör auf, so einen Quatsch zu denken.“ Ich habe versucht, die Gedanken wegzudrücken, mich abzulenken oder sie einfach zu ignorieren. Doch das funktionierte nie. Im Gegenteil. Stell dir vor, du willst einen Ball unter Wasser drücken. Je mehr Kraft du aufwendest, desto explosionsartiger schießt er wieder an die Oberfläche zurück, stimmt’s? So ähnlich ist es auch mit den Gedankenkreisen und unseren Emotionen: Verdrängung ist keine Lösung, sondern eher ein Schnellkochtopf für noch mehr Probleme.

Da ich schon immer mit einem Grübelkopf gesegnet war, selbst als Kind, habe ich schon einiges an Methoden und Strategien ausprobiert. Und ich kann dir sagen: Die wichtigste Lektion für mich war es, nicht zu versuchen, das Grübeln gänzlich abzustellen, sondern ihm einen speziellen Zeitpunkt zuzuweisen, ihm mit Neugier zu begegnen und die Ursache zu finden.

⚠️ Wo hört alltägliches Grübeln auf? Und wo beginnt eine psychische Erkrankung?

Dieser Artikel richtet sich an Menschen, die ihre alltäglichen Grübel-Attacken und Gedankenkarussells besser verstehen und bewältigen möchten. Es ist völlig normal, sich phasenweise Sorgen zu machen oder in Gedankenschleifen zu hängen.

Manchmal kann exzessives, unkontrollierbares Grübeln jedoch auch ein Symptom einer ernsthaften psychischen Belastung sein, wie zum Beispiel einer Depression oder einer Angststörung. Diese Zustände sind keine Charakterschwäche, sondern ernstzunehmende Erkrankungen, die professionelle Hilfe erfordern. Achte auf die folgenden Anzeichen und sprich sie bei deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin an:

📌 Anhaltende Niedergeschlagenheit

📌 Verlust von Interesse und Freude

📌 Sozialer Rückzug

📌 Schlafstörungen

📌 Starke innere Unruhe und Getriebenheit

📌 Gefühl der Ausweglosigkeit

Das Grübel-Protokoll: So kommst du der Ursache auf die Spur

Wenn du merkst, dass das Gedankenkarussell sich wieder dreht, geht es nicht darum, sofort eine Lösung parat zu haben und sich in blinden Aktionismus zu stürzen. Ich verstehe, dass das Gefühl so unangenehm ist, dass einem jedes Mittel recht ist, um die nervigen Gedankenspiralen zu bekämpfen. Aber es geht darum, in der akuten Situation erst einmal wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. 

Ich verwende das folgende Protokoll dabei, das ich vorn in meinem Bullet Journal stehen habe und einfach aufschlagen kann, wenn ich es brauche. So wird aus einer stressigen Gedankenspirale eine produktive Gedankenspirale, aus der du mit neuen Erkenntnissen hervorgehst. Du kannst dir das Protokoll gern kopieren und in deinen Notizen speichern.

✅ Im Hier und Jetzt ankern

Bevor es an die Analyse geht, hilft eine Notbremse. Dazu bietet sich die 5-4-3-2-1-Technik an, um aus dem Kopfkino auszusteigen und wieder im Moment anzukommen:

Nenne 5 Dinge, die du gerade siehst.

Nenne 4 Dinge, die du gerade hörst.

Nenne 3 Dinge, die du gerade fühlst (z.B. den Stoff deiner Kleidung auf der Haut).

Nenne 2 Dinge, die du gerade riechst.

Nenne 1 Ding, das du gerade schmeckst. Atme danach einmal tief durch und stell dir die Frage:

„Bin ich nun wieder ganz im Jetzt angekommen?“

✅ Das Gefühl hinter dem Gedanken entlarven

Vor lauter Gedankenlärm kann man schnell überhören, dass das Grübeln eigentlich nur die Spitze des Eisbergs ist. Frage dich deshalb:

„Welches EINE Gefühl steckt hinter all diesen Gedankenfetzen?“ 

„Habe ich Angst vor etwas?“

„Bin ich enttäuscht oder traurig?“

„Schäme ich mich gerade für ein bestimmtes Verhalten?“

„Bin ich wütend?“

✅ Den wahren Auslöser finden

Das Grübeln ist oft eine verspätete emotionale Reaktion. Geh in Gedanken den Tag oder die letzten Stunden kurz zurück. Frage dich: 

„Was ist kurz vorher passiert? 

„Welcher Satz, welche Begegnung, welche E-Mail hat diesen Gedanken oder dieses Gefühl ausgelöst? War es sogar schon vorher da?“

„Kommen die Gedankenschleifen in bestimmten Situationen besonders häufig vor?“

Manchmal sind es winzige, unscheinbare Momente, die ein altes Gefühl triggern. Zum Beispiel, wenn du zum Perfektionismus neigst. Dann schleicht sich vermutlich oft das Gefühl bei dir an, nicht zu genügen. Hier liegt der Schlüssel zur Selbstfürsorge. Dein Gefühl und der Auslöser zeigen auf etwas, das dir in diesem Moment fehlt. Frage dich: 

„Was brauche ich gerade am allermeisten? Sicherheit, Zuspruch, Klarheit?“

Wenn du diese Schritte durchgehst, hörst du auf, dich von den Wellen umherschleudern zu lassen. Du wirst zur Beobachterin, die am Ufer steht und gewinnst die Kontrolle zurück.

💡 Sobald du durch das Protokoll weißt, was eigentlich los ist, kannst du ganz gezielt ein Werkzeug wählen, das dir genau jetzt hilft:

Anti-Grübel-Tools: 3 gezielte Strategien, die du ausprobieren kannst

Plane Grübel-Zeiten ein. 💭

Klingt komisch, funktioniert aber. Das Ziel ist es, das unkontrollierte Grübeln zu reduzieren und es in einen kontrollierten Rahmen zu bringen. Denn es funktioniert nicht immer, das Grübeln komplett zu unterbinden. Stattdessen kannst du dir täglich eine Grübelzeit von 20 bis 30 Minuten einplanen. Ich mache das meistens morgens, weil ich da ohnehin am meisten grübele. Nach Ablauf der Zeit notiere ich in meinem Bullet Journal, ob ich neue Erkenntnisse oder Klarheit gewonnen habe. Manchmal entstehen dann neue To-Dos, aber manchmal merke ich dabei auch, wie überwältigt ich bin und Dinge delegieren muss.

Falls du deine Grübelzeit auf den Abend legen willst, empfehle ich dir, mindestens zwei Stunden Abstand zu deiner Schlafenszeit einzuhalten. Ansonsten nimmst du die Gedankenlast mit ins Bett und da gehört sie nicht hin. Wenn du außerhalb dieses Zeitfensters anfängst zu grübeln, erinnerst du dich daran, dass du dafür ja später Zeit noch hast und versuchst, deine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. Mach dich darauf gefasst, dass diese Methode am Anfang noch nicht so gut klappen wird. Dein Gehirn braucht etwas Zeit, um zu lernen, wann es grübeln darf und wann nicht.

Aktiviere dein Berater-Team. 👯

Wenn du eine neue Perspektive und sozialen Halt brauchst, stell dir dein eigenes Beratungs-Team zusammen. Dies können z. B. Kolleg:innen außerhalb der eigenen Abteilung oder Firma sein. Wichtig ist, dass die andere Person selbst emotionale Distanz zum Problem hat und nicht selbst mit drin steckt. Nur dann kann sie beim Nachdenken helfen, wenn es beispielsweise um Sorgen auf der Arbeit geht. Oder Freund:innen und Partner:innen, wenn es um zwischenmenschliche Sorgen geht.

Ein kurzer Anruf oder eine Nachricht kann die Gedankenspirale durchbrechen und dir eine völlig neue Sichtweise schenken.

Bring deinen Körper ins Spiel. 💃

Unterbrich die Gedankenspirale durch moderate Bewegung. Geh eine Runde um den Block, mach ein paar Dehnübungen, schüttle dich aus oder tanz zu deinem Lieblingslied durch die Wohnung. Das baut Stresshormone ab und zwingt dein Gehirn, sich auf etwas anderes als die Grübelschleife zu konzentrieren. Du kannst nicht gleichzeitig grübeln und tanzen!

Die gute Seiten am Grübeln, über die du noch nie nachgedacht hast

Gehörst du zu den Menschen, die Dinge gerne von allen Seiten beleuchten, bevor sie eine Entscheidung treffen? Die sorgfältig abwägen, um Fehler zu vermeiden und verantwortungsvoll zu handeln? Dann besitzt du wahrscheinlich die wertvolle Charakterstärke der Besonnenheit.

Besonnenheit ist eine der 24 Charakterstärken aus der positiven Psychologie. Mit diesen Stärken arbeite ich im Stärkencoaching, weil sie kulturübergreifend sehr gut erforscht sind. Jede dieser Charakterstärken lässt sich als ein Spektrum darstellen. Dadurch wird deutlich, dass jede Stärke ist nur dann eine Stärke ist, wenn sie in der richtigen Situation und in der richtigen Dosis angewendet wird. 

⚠️ Deine Besonnenheit entfaltet also nur ihre volle Kraft, wenn du sie richtig dosierst! Wenn die Besonnenheit überbeansprucht wird, kann es passieren, dass du feststeckst, endlos analysiert und doch zu keinem Ergebnis kommst. Das ist der Moment, in dem du diese wunderbare Eigenschaft an dir vielleicht verfluchst.

💜 Vergiss also den Mythos, du müsstest deine Gedanken abstellen oder das Karussell gewaltsam zum Stehen bringen. Das ist ein anstrengender Kampf gegen dich selbst, den du nicht führen musst. Ruhe beginnt nicht, wenn die Gedanken still sind, sondern wenn du lernst, sie aufzudröseln und sie richtig zu lenken.

Wenn du mehr Strategien für den Alltag als grübelnde, feinfühlige Macherin suchst, dann habe ich zwei Empfehlungen für dich:

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FAQ zum Thema Grübeln, basierend auf deinem Artikel:

Was ist Grübeln?

Grübeln ist das wiederholte und oft unproduktive Nachdenken über Probleme oder negative Ereignisse. Es kann zu Stress, Angst und Depression führen und ist ein Teufelskreis negativer Gedanken, der wertvolle Energie raubt.

Woher kommt ständiges Grübeln?

Wir denken so viel nach, weil wir uns Sicherheit und Kontrolle wünschen. Oft hängen Gedankenkreise mit Ängsten und Perfektionismus zusammen und kann psychische Erkrankungen begünstigen. Forschende sehen auch einen Zusammenhang zwischen Grübeln, bestimmten Hirnmustern und einer genetischen Veranlagung.

Was kann man gegen Grübeln tun?

Es gibt verschiedene Strategien, um dem Gedankenkarussell zu entkommen. Dazu gehören Techniken wie die 5-4-3-2-1-Methode, um aus dem Kopfkino auszusteigen und im Moment anzukommen. Man kann sich auch einen festen Zeitraum jeden Tag blockieren, in dem Grübeln erlaubt ist. So lernt das Gehirn mit der Zeit, sich auf diesen Zeitraum zu beschränken und du gewinnst die Kontrolle zurück.

Kann man Grübeln komplett abstellen?

Nein, es geht nicht darum, das Grübeln gänzlich abzustellen, sondern ihm seinen Platz zuzuweisen, ihm mit Neugier zu begegnen und die Ursache zu finden. Denken ist zielgerichtet und hilft uns, Probleme zu lösen, während Grübeln destruktiv und nicht zielorientiert ist.

Ist Grübeln eine Depression?

Wenn exzessives, unkontrollierbares Grübeln ein Symptom einer ernsthaften psychischen Belastung wie Depression oder Angststörung ist, solltest du professionelle Hilfe suchen. Achte auf Anzeichen wie anhaltende Niedergeschlagenheit, Verlust von Interesse und Freude, sozialer Rückzug, massive Schlafstörungen, starke innere Unruhe und das Gefühl der Ausweglosigkeit.

© Headerfoto: Franzi Schädel

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